Wissensdatenbank Wirtschaftsrecht

aktuelles Dokument: FallAnschlussErzeugungsanlage
image4
image3
image2
image1
 Alle Kategorien:
  Forschungsdatenbank
  Lehrveranstaltungen
  Lexikon
  Literatur
  Rechtsgebiete
  Rechtsprechung
  Service
  Studium F H S
  Wissensmanagement
ich war hier: FallAnschlussErzeugungsanlage

Version [50097]

Dies ist eine alte Version von FallAnschlussErzeugungsanlage erstellt von WojciechLisiewicz am 2015-02-13 10:55:36.

 

Fallbeispiel: Anschluss einer Stromerzeugungsanlage


Sachverhalt

Der regionale Energieversorger V möchte ein Kohlekraftwerk mit 60 MW (elektrisch) errichten. Ein geeigneter Standort für das Kraftwerk befindet sich im Netzgebiet, in dem der Stromkonzern K tätig ist. Nachdem alle bau- und umweltrechtlichen Genehmigungen vorliegen, fragt V bei K an, wie das Kraftwerk an das Stromnetz des K angeschlossen werden kann.
Die Mitarbeiter von K behaupten, sie seien nicht zuständig, sondern die Netzgesellschaft N, die alle Netze von S betreibt und im Konzern des K integriert ist. Allerdings ist auch N nicht ohne Weiteres bereit, das Kraftwerk des V an ihr Netz anzuschließen. Es ist in der Tat auch technisch nicht möglich, das Netz in der Nähe des Kraftwerks (300 Meter) für den Anschluss zu nutzen, weil dort zwar ein von der Spannungsebene geeignetes Netz vorhanden ist, dieses aber keine hinreichende Kapazität hat. Erst das 2 Kilometer entfernte Schalthaus würde den Anschluss ermöglichen (Anschlusskosten wären dann aber um 400.000,- EUR höher) – oder das Netz müsste für 1,5 Mio. EUR ausgebaut werden.

Frage 1: Kann V verlangen, dass sein Kraftwerk an das Stromnetz angeschlossen wird?
Frage 2: Von wem und auf welcher Rechtsgrundlage?

Fallabwandlung

Wie oben, allerdings errichtet V kein Kohlekraftwerk, sondern eine Windturbine mit 4 MW Leistung. V möchte nicht nur, dass seine Anlage an das Netz angeschlossen wird, sondern auch, dass er für die eingespeiste Energie – zumindest teilweise – Geld erhält.

Frage 3: Kann V in diesem Fall verlangen, dass seine Windkraftanlage an das Stromnetz angeschlossen wird?
Frage 4: Kann V Zahlung von Vergütung oder Prämien verlangen?
Frage 5: An wen soll sich V in Bezug auf Frage 3 und 4 wenden und auf welche Rechtsgrundlage stützen?


Lösungshinweise

gem. Rechtslage nach dem EEG 2014

A. Zu Frage 1
Frage nach einem Anspruch auf Netzanschluss aus § 17 EnWG:

1. Anwendbarkeit
§ 18 und sonstige Vorschriften finden keine Anwendung - Erzeugungsanlage und kein EEG!
(+)

2. Anspruchsteller
Auch Betreiber einer Erzeugungsanlage
(+)

3. Anspruchsgegner
Gem. § 17 EnWG ist es der Netzbetreiber, Definition in § 3 Nr. 4 EnWG.
Netzbetreiber ist hier N, nicht S.
Sofern V den Anspruch gegen N richtet, ist dieser der richtige Anspruchsgegner.
(+)

4. Keine Verweigerungsgründe, § 17 Abs. 1 EnWG
Anschluss kann verweigert werden, wenn dies unzumutbar ist - aus technischen oder aus wirtschaftlichen Gründen. Dass ein Anschluss prinzipiell möglich ist, ist im Sachverhalt bereits erläutert. Die Verweigerung insbesondere mangels Kapazität bedarf aber einer konkreten Begründung, siehe § 17 Abs. 2 S. 3 EnWG. Ohne Begründung in Textform ist die Verweigerung von vornherein unzulässig.
Wurde die Begründung gegeben, dann kommt es für die Verweigerung darauf an, ob der Anschluss tatsächlich unzumutbar ist (technische Möglichkeit wurde im Sachverhalt bejaht). Würde der Anschluss am weiter gelegenen Schalthaus erfolgen, wäre dies aber gar kein Problem. Insofern ist die Verweigerung unzulässig.

5. Ergebnis
V hat Anspruch gem. § 17 Abs. 1 EnWG auf Anschluss seines Kraftwerkes an das Netz der N. Dieser Anspruch ist darauf gerichtet, einen entsprechenden Vertrag abzuschließen, in dem dann die Kosten des Anschlusses im Einzelne geregelt wären.

Achtung: die NAV findet keine Anwendung, weil dies kein Anschluss gem. § 18 EnWG in Niederspannung ist!


B. Zu Frage 2
Wie bereits oben geschildert, kann sich V auf § 17 Abs. 1 EnWG berufen und den Netzanschluss von N als Netzbetreiber verlangen.


C. Zu Frage 3
V kann in diesem Fall gem. § 8 EEG Anschluss an das Stromnetz verlangen. Voraussetzungen sind im Einzelnen:
  • Anwendbarkeit des EEG,
  • anspruchsberechtigte Anlage,
  • richtiger Verknüpfungspunkt,
  • richtiger Verpflichteter,
  • ordnungsgemäße Ausführung des Anschlusses.

1. Anwendbarkeit des EEG
Das EEG ist bei einer Anlage auf deutschem Hoheitsgebiet anwendbar.
(+)

2. Berechtigte Anlage
D. h. EEG- oder Grubengasanlage. Hier: Windturbine.
Windkraft ist erneuerbare Energie i. S. d. § 5 Nr. 14 EEG. Damit EEG-Anlage (+)
(+)

3. Richtiger Verknüpfungspunkt
Problematisch ist der richtige Verknüpfungspunkt. Gem. § 8 EEG ist dies für eine Anlage mit 4 MW:
    • entweder der Punkt, wo das Netz in kürzester Entfernung erreicht werden kann oder
    • ein wirtschaftlich günstigerer Punkt.
Die wirtschaftliche Betrachtung bezieht sich auf die Gesamtkosten, nicht nur auf Kosten des Anlagebetreibers! Anschluss am nächsten Punkt würde Netzausbau für 1,5 Mio. EUR notwendig machen, Anschluss an das Schalthaus - Zusatzkosten i. H. v. 400.000 EUR für V verursachen. Letzteres ist insgesamt als wirtschaftlicher zu betrachten.
Auf der anderen Seite sind die gestiegenen Anschlusskosten u. U. als Netzausbaukosten der N zu betrachten.
Ungeachtet dessen besteht ein Anspruch auf Anschluss am Schalthaus.

4. Verpflichteter / Anspruchsgegner
Der Anspruch aus § 8 EEG ist gegen den Netzbetreiber i. S. d. § 5 Nr. 27 EEG zu richten. Netzbetreiber ist hier N.
Sofern V den Anspruch gegen N richtet (+)

5. Ordnungsgemäße Ausführung des Anschlusses
Der Anspruch ist nur dann gegeben, wenn eine ordnungsgemäße Ausführung des Anschlusses i. S. d. § 10 Abs. 2 EEG sichergestellt ist. V muss diese somit gegenüber N belegen.
Sofern dies sichergestellt ist, ist der Anspruch gegeben.

6. Ergebnis
Sofern die oben gemachten Annahmen zutreffen, hat V gegen N einen Anspruch auf Anschluss der Windkraftanlage am Schalthaus der N. Alternativ kann V verlangen, dass der Anschluss an einer anderen Stelle angeschlossen wird, aber die daraus entstehenden Mehrkosten trägt dann V.

D. Zu Frage 4
V kann eventuell Vergütung des gelieferten Stroms (§§ 37, 38 EEG) oder eine Marktprämie (§ 34 EEG) bei Direktvermarktung verlangen.

1. Vergütung gem. § 37 EEG
Eine Vergütung gem. § 37 EEG kommt nicht in Betracht, weil die Anlage die Leistungsgrenze des § 37 Abs. 2 EEG überschreitet (60 MW sind mehr als 500 kW).

2. Vergütung gem. § 38 EEG
V kann Vergütung gem. § 38 EEG verlangen, wenn:
    • das EEG anwendbar ist,
    • die allgemeinen Voraussetzungen der Förderung erfüllt sind (insb. Strom aus erneuerbaren Energien),
    • der Anspruch richtet sich gegen den Netzbetreiber,
    • der Strom wird tatsächlich oder kaufmännisch-bilanziell angeboten (Abnahmetatbestand).

a. Anwendbarkeit EEG
siehe oben bei Frage 3 (+)

b. Allgemeine Fördervoraussetzungen
Eine Windkraftanlage ist eine EEG-Anlage. Sofern V auch die technischen Voraussetzungen gem. § 9 EEG erfüllt (Schaltmöglichkeiten und Möglichkeit der Ablesung von Einspeisedaten etc.), sind die allgemeinen Fördervoraussetzungen erfüllt.
(+)

c. Verpflichteter
Der Anspruch ist gegen N zu richten, s. o.
Sofern dies der Fall ist, dann (+)

d. Abnahmetatbestand
Im Sachverhalt wird noch kein Strom eingespeist. Sofern Strom tatsächlich ins Netz der N eingespeist wird, entsteht der Abnahmetatbestand.
Sofern ja, (+)

e. Ergebnis und Umfang des Anspruchs
Sofern V die genannten Annahmen erfüllt, hat er einen Anspruch auf Vergütung des eingespeisten Stroms gem. § 38 EEG. Zu beachten ist allerdings, dass er nicht die volle Vergütung, sondern eine um 20 % reduzierte (§ 38 Abs. 2 EEG) erhält! Dies führt zu stark reduzierten Einnahmen im Vergleich zum Potenzial aus eventueller Marktprämie.

3. Marktprämie
V kann auch die Marktprämie gem. § 34 EEG in Anspruch nehmen. Voraussetzungen sind:
    • Anwendbarkeit des EEG
    • allg. Fördervoraussetzungen
    • Anspruchsgegner = Netzbetreiber
    • spezielle Voraussetzungen der Marktprämie

Bis auf die Voraussetzungen der Marktprämie wurden alle Voraussetzungen bereits oben behandelt. Die Marktprämie hängt also davon ab, ob:
    • eine Vermarktung gem. § 19 I Nr. 1 EEG erfolgt (Direktvermarktung) und
    • tatsächliche Einspeisung erfolgt,
    • Dritte Strom auch abnehmen,
    • Netzentgelte nicht vermieden werden,
    • die Anlage fernsteuerbar ist,
    • V für Bilanzierung des Stroms sorgt.

Der Sachverhalt enthält keine Angaben zu diesen Punkten. Sofern diese Umstände zutreffen, hat V dem Grunde nach einen Anspruch auf Marktprämie. Die Höhe richtet sich nach § 23 EEG:
    • anzulegender Wert gem. § 23 und §§ 40 ff. EEG,
    • Degression gem. § 23 Abs. 4 Nr. 3 EEG ist zu berücksichtigen,
    • die Verringerungstatbestände aus § 23 Abs. 4 im Übrigen ebenfalls,
    • schließlich ist von dem entsprechend berechneten Wert der Monatsmarktwert abzuziehen, § 34 Abs. 2 EEG.




CategoryEnergierecht
Diese Seite wurde noch nicht kommentiert.
Valid XHTML   |   Valid CSS:   |   Powered by WikkaWiki