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aktuelles Dokument: FallFalscherRing
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Fall: Der falsche Ring


A. Sachverhalt
Geiz (G) möchte seiner Freundin Hübsch (H) einen Ring schenken. Da er aber nicht zu viel Geld ausgeben möchte, sucht er einen vergoldeten Ring mit der Absicht, diesen als einen echt goldenen zu verschenken. Beim Schmuckhändler Alt (A) findet er einen Ring, der ihm zusagt und sehr nach einem echten Goldring aussieht. Er nimmt ihn zum Preis von 50 EUR mit.

G schenkt den Ring seiner Freundin. Kurz darauf steht A plötzlich vor der Tür und bittet um Rückgabe des Ringes. Er hat sich nämlich geirrt und dem G nicht das richtige Exemplar gegeben - er hat zu einem Regal gegriffen, auf dem Schmuck aus echtem Gold lag, und ihm deshalb einen Ring im Wert von 500 EUR gegeben. Deshalb hat er sich sofort, nachdem er dies bemerkt hatte, auf die Suche nach G begeben und erklärt nun ihm gegenüber, dass er vom Geschäft Abstand nehmen will.

B. Frage
Welche Ansprüche hat A?

C. Lösung
Im Zusammenhang mit der gestellten Frage, ist kurz vorab zu überlegen an wen sich A, in welcher Reihenfolge, wenden könnte? In welchen Vorschriften die hierfür vorgesehenen Grundlagen zu finden sind. Ist diese Vorüberlegung erfolgt, so kommen die nachstehend genannten Ansprüche in Betracht.

1. Anspruch A gegen G auf Herausgabe des Ringes gem. § 985 BGB
Zunächst könnte A vom G den Ring gem. § 985 BGB herausverlangen. Hierfür ist erforderlich, dass A den Anspruch erworben, nicht verloren hat und dieser durchsetzbar ist.
A könnte im konkreten Fall den Anspruch erworben haben. Hiervon ist dann auszughehen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
    • A ist Eigentümer des Rings
    • G ist Besitzer
    • G hat gem. § 986 BGB kein Recht zum Besitz

A könnte im vorliegenden Fall Eigentümer sein. Hierfür ist erforderlich, dass A das Eigentum erworben hat und später nicht wieder verloren hat. Ursprünglich befand sich der Ring beim A.
Dennoch könnte fraglich sein, ob A sein Eigentum nicht später an G gem. § 929 S. 1 BGB, § 854 BGB verloren hat. Von einem Verlust des Eigentums ist dann auszugehen, wenn sich A und G hinsichtlich der Übereignung gem. § 929 S. 1 BGB geeinigt haben, der A dem G den Ring übergeben hat und dieser zur Verfügung über den Ring berechtigt war. A und G einigen sich. G bekommt den Ring von A. Der Ring befand sich im Eigentum des A.
sollten an der Eigentumsübertragung auf G dadurch Zweifel bestehen, dass A nicht nur den Kaufvertrag sondern auch die Eigentumsübertragung angefochten hat bzw. nur Letztere, dann wäre zu prüfen, inwiefern A das Eigentum durch das Geschäft zwischen G und H verloren hat; H kann das Eigentum auf jeden Fall gem. § 929 S. 1 i. V. m. § 932 BGB erwerben, so dass A in jedem Fall das Eigentum verliert;


Die dingliche Einigung könnte allerdings unwirksam sein. Es ist zwar die Meinung vertretbar, dass bei der Übereignung ein Eigenschaftsirrtum vorlag, was allerdings noch von einigen Umständen des Falles abhängen würde. In diesem Fall ist auf jeden Fall beim Kaufvertrag ein Irrtum zu bejahen, weil sich A darüber irrte, welche Art von Ring er dem G verkauft. Inwiefern auch bei der Übereignung der Irrtum bestand, ist im Sachverhalt nicht geklärt. Damit kann hier davon ausgegangen werden, dass A dem G den bei Übergabe in der Hand gehaltenen Ring übereignen wollte und sein Irrtum sich auf die Übereignung nicht auswirkt. Damit ist die dingliche Einigung wirksam.

Somit hat A das Eigentum an G gem. § 929 S. 1 BGB, § 854 BGB verloren. Demzufolge ist A nicht mehr Eigentümer und kann somit den Ring von G gem. § 985 BGB nicht herausverlangen.


2. Anspruch A gegen G auf Herausgabe des Ringes gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB
Dennoch könnte A von G gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB Herausgabe des Ringes verlangen. Dies ist dann der Fall, wenn A den Anspruch dem Grunde nach wie auch dem Umfang nach erworben, später nicht wieder verloren hat und dieser durchsetzbar ist.

a. Erwerb dem Grunde nach
A könnte im vorliegenden Fall den Anspruch dem Grunde nach erworben haben. Hiervon ist dann auszugehen, wenn:
      • G durch Leistung des A
      • etwas erlangt hat und dies
      • ohne rechtlichen Grund geschah.

aa. etwas durch Leistung erlangt
G könnte das Eigentum und den Besitz am Ring durch eine Leistung erlangt haben. Der Ring wird dem G aufgrund des mit A abgeschlossenen Kaufvertrages übergeben. Somit hat G den Besitz und - wie oben geprüft wurde - auch das Eigentum am Ring (also ein "Etwas") durch eine Leistung erlangt.

bb. ohne rechtlichen Grund
Des Weiteren müsste G den Ring ohne rechtlichen Grund erlangt haben. Ein rechtlicher Grund kann sich daraus ergeben, dass A und G einen Vertrag, mit dem Inhalt eines Kaufvertrags gem. § 433 BGB geschlossen haben und dieser wirksam ist.

aaa. Vertragsschluss und -inhalt
Laut Sachverhalt findet G beim A einen vergoldeten Ring der ihm zusagt und nimmt diesen für 50 € mit. Somit haben A und G einen Vertrag über Kauf des Rings abgeschlossen.

bbb. Wirksamkeit
Allerdings könnte der zwischen A und G geschlossene Vertrag unwirksam sein. Insbesondere könnte der Kaufvertrag gem. § 142 BGB unwirksam sein. Hiervon ist dann auszugehen, wenn A gem. § 119 ff. BGB zur Anfechtung berechtigt (Anfechtungsgrund), dieser die Anfechtung gem. § 143 Abs. 2 BGB gegenüber dem G erklärt hat und dies gem. § 121 BGB oder § 124 BGB fristgerecht geschah.

Anfechtungsgrund
Im vorliegenden Fall kommen mit unterschiedlicher Begründung verschiedene Willensmängel in Betracht, die von der genauen Ausgestaltung des Sachverhaltes abhängen. A hat zu einem Regal mit echten Goldringen gegriffen, allerdings in der Annahme, dass er dem A einen lediglich vergoldeten Ring aushändigt. Darin können verschiedene Formen von Irrtum gesehen werden, die mit entsprechender Argumentation vertreten werden können:
        • ein Identitätsirrtum - mit der Folge, dass es ein Inhaltsirrtum i. S. d. § 119 Abs. 1 BGB ist ("ich gehe davon aus, es handelt sich um einen vergoldeten Ring und im Hinblick auf einen solchen erkläre ich meinen Willen")
        • ein Erklärungsirrtum - G hat sich vergriffen und demzufolge nicht X sondern Y mit der Überreichung des Rings erklärt,
        • allerdings ist hier eher ein Motivirrtum (ich verkaufe den Ring zu diesen Konditionen, weil ich denke, dass es ein nur vergoldeter Ring ist) festzustellen; und dieser ist nur im Rahmen des " 199 Abs. 2 BGB ein Anfechtungsgrund. Die Voraussetzungen (Eigenschaften einer Sache + verkehrswesentliche) sind aber gegeben.
Im Ergebnis ist ein Irrtum gem. § 119 Abs. 2 BGB als Anfechtungsgrund gegeben.

Anfechtungserklärung und -frist
G müsste die Anfechtung auch fristgemäß erklärt haben.
A hat sich zum G begeben und diesem erklärt, dass er von diesem Geschäft Abstand nehmen möchte. Demzufolge ist die Anfechtung gegenüber G gem. § 143 Abs. 2 BGB seitens A erfolgt. Diese erfolgte auch nach Sachverhalt sofort nachdem A den Irrtum bemerkt hat und somit gem. § 121 BGB fristgerecht.

Demzufolge ist der zwischen A und G geschlossene Vertrag gem. § 142 BGB vom Anfang an als nichtig anzusehen. Demzufolge hat G den Ring ohne rechtlichen Grund erlangt. A hat den Anspruch gegen G dem Grunde nach erworben.

b. Erwerb dem Umfang nach
Des Weiteren könnte A den Anspruch auch dem Umfang nach erworben haben. Hiervon ist dann auszugehen, wenn A den Bereicherungsgegenstand (Eigentum und Besitz am Ring) gem. § 818 Abs. 1 oder 2 BGB vom G herausverlangen kann und die Bereicherung seitens G nicht gem. § 818 Abs. 3 BGB entfallen ist.
      • das grundsätzlich gem. § 812 Abs. 1 BGB und § 818 Abs. 1 BGB herauszugebende "Erlangte" wären das Eigentum und der Besitz Ring;
      • gemäß § 818 Abs. 2 BGB ist bei Unmöglichkeit der Herausgabe des Bereicherungsgegenstandes - hier: aufgrund der Schenkung an die Freundin - dessen objektiver Wert zu ersetzen; geschuldet wäre demnach die Zahlung der Differenz zwischen dem gezahlten Preis und dem eigentlichen Wert in Höhe von 500 EUR;

An dieser Stelle stellt sich allerdings die Frage, ob die Bereicherung bei G gemäß § 818 Abs. 3 BGB weggefallen ist. G ist dann nicht mehr bereichert, wenn er den Bereicherungsgegenstand ersatzlos verloren hat und ihn keine verschärfte Haftung nach § 818 Abs. 4 BGB, § 819 BGB, § 820 BGB trifft. Hierfür ist ebenfalls erforderlich, dass G nach der Entreicherung auch kein wirtschaftlicher Überschuss verbleibt (ersparte Aufwendungen o. ä.).
G schenkt den Ring seiner Freundin H. Er wollte nur den Eindruck eines goldenen Rings erwecken, durch die Schenkung eines echten Ringes erlangt er keinen zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteil. Eine Haftungsverschärfung für G ist aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich. Somit ist G nach § 818 Abs. 3 BGB nicht mehr bereichert.

c. Ergebnis zu § 812 BGB gegen G
Demzufolge hat A den Anspruch dem Umfang nach gegenüber G nicht erworben und somit kann dieser den Ring von G nicht gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB herausverlangen.

3. Anspruch A gegen H auf Herausgabe des Ringes
In Betracht kommt § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB, allerdings wegen Vorrangs der Leistungskondiktion nicht zulässig. Wahrscheinlicher ist insofern der für diesen Fall (unentgeltliche Zuwendung an einen Dritten) speziellere § 816 Abs. 1 S. 2 BGB oder § 822 BGB. Beide Vorschriften wären in diesem Fall genauer zu prüfen. Ein Anspruch aus § 822 BGB kommt in diesem Fall in Betracht.


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