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aktuelles Dokument: FallSchokolade
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Version [19896]

Dies ist eine alte Version von FallSchokolade erstellt von Franziska Stanzel am 2013-01-12 14:50:55.

 

Fallbeispiel 11 - Schokolade


Stellvertretung

A. Sachverhalt

Oma Hilde (H) liebt Pralinen. Um sicher zu gehen, dass die Pralinen auch die gewünschte Qualität haben, kauft sie diese schon immer nur in der Schokoladenmanufaktur des S. Mit S hat H vereinbart, dass ihre Pralineneinkäufe notiert und am Ende jeden Monats beglichen werden. Da H seit einiger Zeit nicht mehr so gut zu Fuß ist, hat sie die ehrenvolle Aufgabe des Pralinenkaufs an ihren 15-jährigen Enkel (E) übertragen. Dabei hat H lediglich die Menge und den ungefähren Preis festgelegt. Bei der genauen Auswahl der Sorte und des endgültigen Preises verlässt sie sich vollkommen auf den guten Geschmack des E. H kommt so nur noch einmal monatlich bei S vorbei um die aufgelaufene Rechnung zu bezahlen.
Um seiner Freundin (F) zu imponieren, kauft E eines Tages eine Tafel Schokolade der Sorte „Amor“ und isst diese mit F noch am selben Abend auf. Auf Wunsch des E setzt S die Tafel Schokolade auf die Rechnung der H, obwohl diese noch nie Tafelschokolade gegessen und bei S gekauft hatte.
Als H bei S vorbei kommt um die monatliche Rechnung zu zahlen, weigert sie sich den aufgeführten Betrag von 7,95 € für Schokolade zu zahlen.


B. Frage(n)

Welche Ansprüche hat S?

C. Lösung

1. Grafische Skizze


 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/FallSchokolade/Fall_11.jpg)

2. Lösungsskizze

Anspruch S gegen H

Hat S Anspruch auf Kaufpreiszahlung?
Anspruchsgrundlage: § 433 II BGB
Vor.: Anspruch erworben, nicht verloren und durchsetzbar

A. Anspruch erworben?
Voraussetzung: zwischen S und H Vertrag geschlossen, inhaltlich K i.S.d. § 433 BGB und dieser wirksam


I. Vertragsschluss
Vor.: persönlich oder durch Zurechnung


1. Persönlich (-)
Hier: H mit S persönlich keinen Vertrag geschlossen


2. Zurechnung
Hier: Vertragsschluss zwischen S und E
E als Stellvertreter der E aufgetreten und gem. §§ 164 ff BGB H zuzurechnen?
Vor. gem. § 164 I BGB: eigene WE des E, im Namen der H abgegeben und S offengelegt


a) Eigene WE des E gem. § 164 I BGB (+)
Hier: E entschließt sich aus eigenem Willen zum Kauf Schokolade
E nicht nur Überbringer der WE der H, sondern eigene WE abgegeben


b) In fremden Namen und Offenlegung (+)
Nach § 164 I BGB Bedarf für wirksame Stellvertretung, dass E im Namen der H gehandelt hat und Handeln im fremden Namen S offengelt wurde
Durch sog. Offenkundigkeitsprinzip soll Dritten angezeigt werden, wer tatsächl. Vertragspartner ist. Kann ausdrücklich erklärt oder durch Umstände bekanntgegeben werden
Hier: E tätigt mit S regelmäßig Geschäfte für H, jeweils monatliche Abrechnung und Begleichung durch H. Indem E auch Kaufpreis für Tafel Schokolade auf monatliche Rechnung der H setzen lässt, zeigt er, dass nicht er sondern H aus Geschäft verpflichtet und Vertragspartner werden soll


c) E handelt als Stellvertreter der H (+)
Handel des E der H Zuzurechnen (+)

2. Vertragsschluss (+)


II. Inhalt (+)
Hier: inhaltl. KV i.S.d. § 433 BGB


III. Wirksamkeit
Vor.: liegen keine Wirksamkeitshindernisse vor


1. Minderjährigkeit des E (-)
Auswirkungen, dass E 15 Jahre alt und damit gem. §§ 2, 106 BGB beschränkt geschäftsfähig?
Gem. § 165 BGB wird Wirksamkeit durch die vom beschränkt geschäftsfähigen Vertreter abgegebenen WE nicht beeinträchtigt


2. Unwirksamkeit gem. § 177 I BGB
Vor.: RG durch Vertreter vorgenommen, RG nicht von Vertretungsmacht gedeckt und Vertretene RG nicht genehmigt


a) RG durch Vertreter (+)
Hier: wie oben, KV zw. S und H durch Vertreter E vorgenommen


b) Nicht durch Vertretungsmacht gedeckt
Vor.: entweder Vertretungsmacht vorhanden oder Vertreter hat Vollmacht kraft Rechtsschein oder Vertretene RG genehmigt


aa) Vertretungsmacht vorhanden (-)
Vor.: Vertretungsmacht erteilt, nicht erloschen, konkrete RG vom Umfang Vertretungsmacht gedeckt und kein Missbrauch der Vertretungsmacht
Erteilung Vollmacht erfolgt gem. § 167 I BGB durch Erklärung ggü. Bevollmächtigten o. Dritten , dem ggü. Vertretung stattfinden soll
Hier: H erteilt E Vollmacht zum Einkauf bei S; Vollmacht nicht erloschen
Geschäft von Vertretungsmacht gedeckt?
Hier: H erteilt E nur Vollmacht zum Kauf von Pralinen bei S; Vollmacht erstreckt sich nicht auf Kauf von Schokolade


bb) Vollmacht kraft Rechtsschein (-)
Vor.: Vertreter wiederholt für Vertretenen auftritt und dieser Verhalten Vertreters bei Beachtung erforderlichen Sorgfalt hätte kennen und unterbinden können (Anscheinsvollmacht)
Vertragspartner nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung auf Verkehrssitte auf Bevollmächtigung verlassen darf
Hier: H bevollmächtigte E regelmäßig zu Einkäufen bei S, was bisher reibungslos lief; H musste nicht damit rechnen, E außerhalb der von ihm zustehenden Vertretungsmacht handelte und keine entsprechenden Vorkehrungen treffen; H kaufte schon immer nur Pralinen bei S; S nicht auf Bevollmächtigun E verlassen
Er ist nicht schutzwürdig.
Anscheinsvollmacht (-)
Fraglich ob H Rechtsschein gesetzt und S infolge dessen geschützt?
Vor.: Vertreter wiederholt für Vertretenen auftritt, dieser vom Verhalten Vertreters Kenntnis hat und dieses duldet, wobei sich Vertragspartner nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung auf Verkehrssitte auf Bevollmächtigung verlassen darf (Duldungsvollmacht)
Hier: E kauft zum ersten Mal Schokolade bei S, außerdem hat H von Kauf keine Kenntnis
Duldungsvollmacht (-)


cc) Genehmigung (-)
Wirksamkeit gem. § 177 I BGB durch Genehmigung (§ 184 I BGB) der H?
Hier: Mit Ablehnung Zahlung durch H auch Ablehnung der Genehmigung


dd) Durch Vertretungsmacht gedeckt (-)


c) Unwirksamkeit gem. § 177 I BGB (+)


3. Zwischenergebnis
Anspruch erworben (-)


IV. Ergebnis
S Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. § 433 II BGB (-)



Anspruch S gegen E

A. Anspruch auf Kaufpreiszahlung gem. § 433 II BGB
B. Anspruch auf Erfüllung oder SE gem. § 179 I BGB


A. Anspruch auf Kaufpreiszahlung gem. § 433 II BGB
Vor.: Anspruch erworben, nicht verloren und durchsetzbar


I. Anspruch erworben
Vor.: zwischen S und E Vertrag geschlossen, inhaltlich KV i.S.d. § 433 BGB und dieser wirksam


1. Vertragsschluss (-)
Wie zuvor ausführlich dargestellt, handelt E als Stellvertreter der H handelt im Namen der H und macht dadurch deutlich, dass nicht er Vertragspartei wird


2. Anspruchserwerb (-)


II. Zwischenergebnis
S Anspruch auf Kaufpreiszahlung gem. § 433 II BGB {[color text="(-)" c="red"}}


B. Anspruch auf Erfüllung oder SE gem. § 179 I BGB
Vor.: Anspruch erworben, nicht verloren und durchsetzbar


I. Anspruch erworben
Vor.: Vertreter ohne Vertretungsmacht handelt und Vertretene H die Genehmigung Vertrages verweigert und kein Fall eines Haftungsausschlusses nach § 179 III BGB vorliegt


1. Vertreter ohne Vertretungsmacht (+)
Wie zuvor geprüft handelt E als Vertreter ohne Vertretungsmacht


2. Verweigerung der Genehmigung (+)
H verweigert zudem Genehmigung des Vertrages


3. Kein Haftungsausschluss gem. § 179 III BGB
Gem. § 179 III BGB haftet Vertreter nicht
Vor.: Vertreter in Geschäftsfähigkeit beschränkt und er nicht mit Zustimmung seiner gesetzl. Vertreter handelt


a) Beschränkte Geschäftsfähigkeit gem. §§ 2, 106 BGB (+)
Hier: E ist 15 Jahre alt


b) Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (-)
Hier: Zustimmung des gesetzlichen Vertreters liegt nicht vor


c) Haftungsausschluss gem. § 179 III BGB (-)


4. Anspruchserwerb (-)


II. Zwischenergebnis
S Anspruch auf Erfüllung oder SE gem. § 179 I BGB (-)


C. Ergebnis
S gegenüber E keinen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. § 433 II BGB sowie auf Erfüllung oder SE gem. § 179 I BGB


3. Formulierungsvorschlag
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