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Kommentierung § 24 BNatSchG


Nationalparke, Nationale Naturmonumente


(1) Nationalparke sind rechtsverbindlich festgesetzte einheitlich zu schützende Gebiete, die
1. großräumig, weitgehend unzerschnitten und von besonderer Eigenart sind,
2. in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets erfüllen und
3. sich in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befinden oder geeignet sind, sich in einen Zustand zu entwickeln oder in einen Zustand entwickelt zu werden, der einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleistet.

(2) Nationalparke haben zum Ziel, in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik zu gewährleisten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, sollen Nationalparke auch der wissenschaftlichen Umweltbeobachtung, der naturkundlichen Bildung und dem Naturerlebnis der Bevölkerung dienen.

(3) Nationalparke sind unter Berücksichtigung ihres besonderen Schutzzwecks sowie der durch die Großräumigkeit und Besiedlung gebotenen Ausnahmen wie Naturschutzgebiete zu schützen.

(4) Nationale Naturmonumente sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, die
1. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, kulturhistorischen oder landeskundlichen Gründen und
2. wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit von herausragender Bedeutung sind. Nationale Naturmonumente sind wie Naturschutzgebiete zu schützen.

Gliederung


1. Überblick
2. Entstehungsgeschichte des § 24 BNatSchG
a) Reichsschutzgebiete nach dem Reichsnaturgesetz 1935
b) Erste deutsche Bestrebungen 1970
c) Internationale Bestrebungen der IUCN 1969
d) Rahmenvorgabe im BNatSchG 1976
e) Ergänzung durch das BNatSchG 2002
f) Erweiterung durch das BNatSchG 2010
3. Anforderungen an einen Nationalpark (§ 24 Abs. 1 BNatSchG)
a) IUCN-konforme Auslegung der Norm
b) Großräumigkeit (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)
c) Unzerschnittenheit (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)
d) Besondere Eigenart von Nationalparks (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)
e) Qualität eines Naturschutzgebiets (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG)
f) Entwicklung unberührter Natur (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG)
aa) Unberührte Natur, Alt. 1
bb) Entwicklungsnationalparks, Alt. 2
g) Einheitlichkeit des Schutzes
4. Ziele eines Nationalparks (§ 24 Abs. 2 BNatSchG)
a) Prozessschutz
b) Weitere Schutzziele
wissenschaftliche Umweltbeobachtung (§ 6 BNatSchG)
naturkundliche Bildung (§ 2 Abs. 6 BNatSchG)
Naturerlebnis der Bevölkerung
5. Schutzregime (§ 24 Abs. 3 BNatSchG)
6. Vollzug des § 24 BNatSchG durch die Bundesländer
a) Festsetzung der Nationalparks
b) Landesrechtliche Ausgestaltung und Vollzugspraxis
c) Anpassung des Landesrechts an das BNatSchG 2010


1. Überblick


Zum Schutz von Teilen von Natur und Landschaft sieht das Bundesnaturschutzgesetz in § 20 Abs. 2 verschiedene Schutzgebiete und -tatbestände vor, die den materiellen Naturschutz in Deutschland durch die Unterschutzstellung bestimmter Flächen quantitativer und qualitativer Art durch die zuständigen Länderbehörden ermöglichen.

„§ 20 Allgemeine Grundsätze

(1) Es wird ein Netz verbundener Biotope (Biotopverbund) geschaffen, das mindestens 10 Prozent der Fläche eines jeden Landes umfassen soll.

(2) Teile von Natur und Landschaft können geschützt werden
1. nach Maßgabe des § 23 als Naturschutzgebiet,
2. nach Maßgabe des § 24 als Nationalpark oder als Nationales Naturmonument,
3. als Biosphärenreservat,
4. nach Maßgabe des § 26 als Landschaftsschutzgebiet,
5. als Naturpark,
6. als Naturdenkmal oder
7. als geschützter Landschaftsbestandteil.

(3) Die in Absatz 2 genannten Teile von Natur und Landschaft sind, soweit sie geeignet sind, Bestandteile des Biotopverbunds. Ausgefüllt wird die Vorgabe durch § 24 BNatSchG. Dieser enthält zunächst in Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 die Voraussetzungen für einen Nationalpark. Absatz 2 nennt ausdrücklich Schutzziele, die mit der naturschutzrechtlichen Gebietskategorie erreicht werden sollen. Durch Absatz 3 wird das Schutzregime, also die Reichweite des mit der Ausweisung beabsichtigten Schutzes, unter Verweis auf das Naturschutzgebiet definiert.
Die allgemeine bundesgesetzliche Naturschutzregelung wird ergänzt durch die Ländernaturschutzgesetze, welche über die Festsetzung von Nationalparken entscheiden.

Bei entsprechender Eignung können Nationalparke Bestandteil des Biotopverbundes nach § 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BNatSchG sein.“

Ausgefüllt wird die Vorgabe durch § 24 BNatSchG. Dieser § 24 BNatSchG enthält zunächst in Absatz 1 Nrn. 1 bis 3 die Voraussetzungen eines Nationalparks. Absatz 2 nennt ausdrücklich Schutzziele, die mit der naturschutzrechtlichen Gebietskategorie erreicht werden sollen. Durch Absatz 3 wird das Schutzregime, also die Reichweite des mit der Ausweisung beabsichtigten Schutzes, unter Verweis auf das Naturschutzgebiet definiert.
Die allgemeine bundesgesetzliche Naturschutzregelung wird ergänzt durch die Ländernaturschutzgesetze, welche über die Festsetzung von Nationalparken entscheiden.
Bei entsprechender Eignung können Nationalparks Bestandteil des Biotopverbundes nach § 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BNatSchG sein.
Nationalparks können nach § 21 BNatSchG Bestandteil des nationalen Biotopverbundes sein.


㤠21 Biotopverbund, Biotopvernetzung

(1) Der Biotopverbund dient der dauerhaften Sicherung der Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten, Biotope und Lebensgemeinschaften sowie der Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen. Er soll auch zur Verbesserung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ beitragen.

(2) Der Biotopverbund soll länderübergreifend erfolgen. Die Länder stimmen sich hierzu untereinander ab.

(3) Der Biotopverbund besteht aus Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselementen. Bestandteile des Biotopverbunds sind
1. Nationalparke und Nationale Naturmonumente,
2. Naturschutzgebiete, Natura 2000-Gebiete und Biosphärenreservate oder Teile dieser Gebiete,
3. gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30,
4. weitere Flächen und Elemente, einschließlich solcher des Nationalen Naturerbes, des Grünen Bandes sowie Teilen von Landschaftsschutzgebieten und Naturparken,
wenn sie zur Erreichung des in Absatz 1 genannten Zieles geeignet sind.

(4) Die erforderlichen Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselemente sind durch Erklärung zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2, durch planungsrechtliche Festlegungen, durch langfristige vertragliche Vereinbarungen oder andere geeignete Maßnahmen rechtlich zu sichern, um den Biotopverbund dauerhaft zu gewährleisten.

(5) Unbeschadet des § 30 sind die oberirdischen Gewässer einschließlich ihrer Randstreifen, Uferzonen und Auen als Lebensstätten und Biotope für natürlich vorkommende Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. Sie sind so weiterzuentwickeln, dass sie ihre großräumige Vernetzungsfunktion auf Dauer erfüllen können.

(6) Auf regionaler Ebene sind insbesondere in von der Landwirtschaft geprägten Landschaften zur Vernetzung von Biotopen erforderliche lineare und punktförmige Elemente, insbesondere Hecken und Feldraine sowie Trittsteinbiotope, zu erhalten und dort, wo sie nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, zu schaffen (Biotopvernetzung).“

In Abgrenzung zu den weiteren naturschutzrechtlichen Kategorien der §§ 23 ff. BNatSchG stellen Nationalparke Schutzgebiete im „gesamtstaatlichen Interesse“ (Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 3) dar. Sie repräsentieren Natur oder Landschaften von besonderer, für die Bundesrepublik herausragender Bedeutung. Teilweise haben Nationalparkgebiete gleichzeitig den internationalen Status eines Weltnaturerbes (vgl. § 2 Abs. 5 S. 2 BNatSchG). Die Grenzen des Nationalparks und des Welterbes müssen aber nicht zwingend kongruent sein (keine räumliche Deckung z.B. beim hessischen Nationalpark Kellerwald-Edersee).

Zur gesamtpolitischen Einbettung der Nationalpark-Problematik (LINK)
Zu den internationalrechtlichen Vorgaben der IUCN https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/gebietsschutz/IUCN_Kat_Schutzgeb_Richtl_web.pdf


2. Entstehungsgeschichte des § 24 BNatSchG

a) Reichsschutzgebiete nach dem Reichsnaturgesetz 1935
b) Erste deutsche Bestrebungen 1970
c) Internationale Bestrebungen der IUCN 1969
d) Rahmenvorgabe im BNatSchG 1976
e) Ergänzung durch das BNatSchG 2002
f) Erweiterung durch das BNatSchG 2010

a) Reichsschutzgebiete nach dem Reichsnaturgesetz 1935
Die Idee des Nationalparks wurde bereits im 19. Jahrhundert entwickelt. Bereits 1872 kam es in den Vereinigten Staaten zur Ausweisung des weltweit ersten „National Park“ Yellowstone. Dem folgten weitere Gebiete, denen allesamt nationale Bedeutung zugewiesen wurde. Der Gedanke des gesamtstaatlich-herausragenden Landschafts- und Naturschutzes wurde 1935 im Reichnaturgesetz (RNG) aufgegriffen, wobei lediglich in an Anlehnung die damals bereits vorgesehenen Naturschutzgebiete von „reichs- oder staatseigene[n] Bezirken von überragender Bedeutung und Größe“ nach § 4 Abs. 2 und § 18 RNG als „Reichsschutzgebiete“ deklariert werden konnten (hierzu Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 4).

b) Erste deutsche Bestrebungen 1970
Der erste deutsche Nationalpark Bayerischer Wald, der später erheblich erweitert wurde (vgl. BayVerfGH, BayVBl. 2009, 657; Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 5), wurde 1970 durch den Freistaat Bayern ausgewiesen. Eine gesetzliche Grundlage für die generelle Ausweisung von Nationalparks enthielt drei Jahre später das Bayerische Naturschutzgesetz von 1973, wonach Nationalparks als Landschaftsräume definiert wurden, welche
- wegen ihres ausgeglichenen Naturhaushalts, ihrer Bodengestaltung, ihrer Vielfalt oder Schönheit überragende Bedeutung besitzen,
- eine Mindestgröße von 10.000 ha aufweisen (diese Mindestfläche wurde auch später in Art. 13 BayNatSchG übernommen, Mühlbauer, Das neue Naturschutzrecht in Bayern, S. 146 f.) und
- die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets erfüllen.
Primäres Ziel der Nationalparks sollte die Erhaltung eines natürlichen und naturnahen Lebensraums und ein artenreicher Tier- und Pflanzenbestand sein, der wissenschaftlich beobachtet und begleitet wird.

c) Internationale Bestrebungen der IUCN 1969
Unzweifelhaft erfolgte die Ausweisung des ersten deutschen Nationalparks 1970 auch aus regionalpolitischen Gründen zur Stärkung des strukturschwachen Raumes entlang der ehemaligen tschechischen Grenze. Dennoch ist der Zusammenhang mit internationalen Bestrebungen zum Zusammenwachsen der Nationalparkbewegung unbestreitbar. Vorangetrieben wurden internationale Vorgaben der verschiedenen Ausprägungen von Nationalparks vor allem von der bereits 1948 gegründeten IUCN. So wurde von der Vollversammlung der IUCN 1969 in New Delhi erstmals eine gemeinsame Definition des Nationalparks verabschiedet, die mit Ergänzungen bis heute ihre Gültigkeit hat (Scharinger, Rechtsgrundlagen für die Errichtung von Nationalparken in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Italien, S. 25). Diese Vereinheitlichung ging einher mit der Forderung, durch gesetzgeberische nationale Vorgaben die Entwicklung von Nationalparks zu fördern (vgl. hierzu Mühlbauer, in: Lorz, Naturschutzrecht, § 24 BNatSchG, Rn. 1).

d) Rahmenvorgabe des BNatSchG 1976
Diesen Bestrebungen und die im IUCN-Beschluss enthaltenen Empfehlung konnte der Bundesgesetzgeber sich dauerhaft nicht verwehren. So kam es durch die Formulierung des § 14 BNatSchG im Jahr 1976 zu einer bundesweiten Rahmenvorschrift (so Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 7), von denen die Bundesländer nach § 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GG abweichen konnten. Danach waren Nationalparks Gebiete, die
1. großräumig und von besonderer Eigenart sind,
2. im überwiegenden Teil ihres Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets erfüllen,
3. sich in einem von Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befinden und
4. vornehmlich der Erhaltung eines möglichst artenreichen heimischen Tier- und Pflanzenbestandes dienen.“
Ziel war die möglichst umfangreiche Sicherstellung der Umsetzung der Vorgaben der IUCN (vgl. Stich, Notwendigkeit und Inhalt eines modernen Naturschutz- und Landschaftspflegerechts, DVBl. 1972, 207). Dass dies nur eingeschränkt gelungen ist, zeigt die Tatsache, dass in Abweichung von den IUCN-Vorgaben eine vollständige Einstellung der Nutzungen innerhalb des Nationalparkgebiets nicht gefordert wurde. Dies führte zu teils erheblicher Kritik von Seiten der Naturschützer (vgl. hierzu die Zusammenfassung bei Czybulka, Wege zu einem wirksamen Naturschutz, DVBl. 2004, 162, 170 f.). Für Mühlbauer (in: Lorz, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 24 BNatSchG, Rn. 1) war dies insoweit konsequent als hierdurch auf die besonderen Gegebenheit der jahrhundertelangen mitteleuropäischen Nutzung von Landschaft mit ihrem Artenspektrum Rücksicht genommen wurde.
Basis für den qualitativen Schutz – wie für alle Folgeregelungen – war der Schutz eines Naturschutzgebiets. Die Zugänglichmachung für die Allgemeinheit war lediglich eine Soll-Vorschrift in Abwägung mit den naturschutzfachlichen Zielen (vgl. Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 7).

e) Ergänzung durch das BNatSchG 2002
Mit der Reform des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 wurden die materiellen Vorschriften um eine wichtige Regelung ergänzt, die nunmehr in § 24 Abs. 2 BNatSchG den sog. Prozessschutz als Zielbestimmung konstituierte. Zuvor lag die Akzentuierung der erforderlichen Schutzmaßnahmen auf dem Artenschutz, der nunmehr zurückgedrängt wurde (vgl. BT Drs. 14/6378, 52). Beim Prozessschutz steht die natürliche Entwicklung des Lebensraums im Vordergrund, unabhängig davon, ob es zu einem Verdrängen einzelner Arten kommt (hierzu Mühlbauer, in: Lorz, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 24 BNatSchG, Rn. 1). Auf diesem Grundsatz beruht das bis heute verwandte National-Park-Stichwort „Die Natur Natur sein lassen“ (vgl. Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 1).
Darüber hinaus wurde der Entwicklungsgedanke angefügt (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG), der erstmals sog. „Entwicklungsnationalparks“ (Appel, in: Frenz/Müggenborn, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 6)erlaubte, bei denen im Zeitpunkt der Ausweisung nicht alle materiellen Kriterien eines Nationalparks vorlagen (siehe Stock, Nationalparke in Deutschland: Den Entwicklungsgedanken gesetzlich absichern und konkretisieren!, ZUR 2000, 200 ff.). Hierdurch wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass die geforderte weitgehende „unberührte Natur“ ohne menschliche Einflussnahme in der Realität der bundesdeutschen Landschaft so gut wie nicht vorhanden war. Durch diese Ergänzung wurde die Ausweisung neuer Nationalparks überhaupt erst ermöglicht und zugleich der einschränkenden Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit Einhalt geboten. (z.B. OVG Lüneburg, ZUR 1999, 156; BVerwG NuR 2000, 224 zur Elbtalaue). Zur aktuellen Umsetzung und den heutigen Anforderungen siehe die Kommentierung zu § 24 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG.

f) Erweiterung durch das BNatSchG 2010
Die Rahmenvorgabe des § 24 BNatSchG wurde mit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes 2010 in eine unmittelbar geltende Regelung überführt (Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 9). Abs. 1 Nr. 1 wurde um das Kriterium der weitgehenden Unzerschnittenheit ergänzt. Durch die klare Vorgabe des Bundes sollte wiederum auf restriktive Auslegungen seitens der Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urt. v. 10.9.1999, NUR 2000, 43) durch den Bundesgesetzgeber reagiert werden, um weiterhin die Ausweisung von deutschen Nationalparks zu ermöglichen (hierzu Landmann/Rohmer, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 1).
Der ursprüngliche Entwurf der Bundesregierung wurde auf Drängen des Bundesrates (vgl. BT Drs. 16/13298, 17 und 16/13430, 21, BR Drs. 278/09, 14 f.) in zwei bedeutenden Punkten geändert, mit der Folge, dass 2010 § 24 BNatSchG ohne größere Änderung in das neue Naturschutzgesetz überführt wurde. Die Diskussion rankte sich zum einen um die Frage, ob eine Annäherung an die IUCN-Empfehlungen für Nationalparks aufgenommen werden sollte, die vorsehen, dass das zu schützende Gebiet weitgehend unberührt sein muss. Dies ist nach der IUCN in der Regel der Fall, wenn mindestens 75% der Fläche dem menschlichen Einfluss entzogen ist. Im Falle einer zu prognostizierenden Entwicklung wäre ein Zeitraum von 30 Jahren festzulegen. Die Vertreter des Bundesrats befürchteten vor allem die mangelnde Akzeptanz der Betroffenen vor Ort, insbesondere der Grundeigentümer. Es sollte nach Auffassung des Bundesrats in jedem Fall vermieden werden, durch zusätzliche materielle Hürden die Ausweisung weiterer Nationalparks zu erschweren. Der Versuch, die deutsche Rechtsgrundlage an die Vorgaben der IUCN und den internationalen Rechtsrahmen anzupassen, war damit gescheitert.
Zum anderen wurde auf eine Regelung verzichtet, wonach die Bundesregierung ermächtigt wurde, auf dem Verordnungsweg die nähere Ausgestaltung der Voraussetzungen für die Ausweisung eines Nationalparks vorzunehmen.
Neu in das Bundesnaturschutzgesetz wurde 2010 die Kategorie des Nationalen Naturmonuments aufgenommen (vgl. zur Begründung BT Drs. 16/13430, 21 f.).

3. Anforderungen an einen Nationalpark (§ 24 Abs. 1 BNatSchG)

a) IUCN-konforme Auslegung der Norm
b) Großräumigkeit (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)
c) Unzerschnittenheit (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)
d) Besondere Eigenart von Nationalparks (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)
e) Qualität eines Naturschutzgebiets (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG)
f) Entwicklung unberührter Natur (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG)
aa) Unberührte Natur, Alt. 1
bb) Entwicklungsnationalparks, Alt. 2
g) Einheitlichkeit des Schutzes

Im Folgenden sollen die gesetzlichen Anforderungen an einen Nationalpark erläutert werden. Dabei soll der Übersicht halber der Struktur des § 24 Abs. 1 BNatSchG in den Nummern 1 bis 3 gefolgt werden. Diese Voraussetzungen sind nach der gesetzgeberischen Vorgabe von einem Nationalpark kumulativ zu erfüllen. In jedem Fall ist notwendig, dass die Ausweisung des Schutzgebiets erforderlich ist (Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 13). Dies bedeutet, dass das zu schützende Gebiet auch tatsächlich schutzwürdig ist (ausführlich Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 9).

a) IUCN-konforme Auslegung der Norm
Bei der Auslegung der einzelnen Regelungen ist den internationalen Empfehlungen der IUCN besondere Aufmerksamkeit zu schenken (hierzu Dudley, Guidelines for Applying Protected Area Management Categories, dt. Europarc Deutschland (Hrsg.), Richtlinien zur Anwendung der IUCN-Managementkategorien für Schutzgebiete). Zwar sind diese für die Mitgliedstaaten nicht bindend. Auch sind die Vorschriften der IUCN keinesfalls inhaltliche deckungsgleich mit § 24 BNatSchG (BVerwG, Beschl. v. 10.9.1999, NuR 2000, 43; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 12). Der Gesetzgeber hat bei Formulierung des § 24 BNatSchG lediglich von einer „Anlehnung“ gesprochen (BT Drs. 7/886, 36). Dennoch stellen sie eine Auslegungshilfe für die Interpretation der bundesdeutschen Vorschrift dar (so Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, § 24 BNatSchG, Rn. 7). Im Zweifel sind die Regelungen IUCN-konform anzuwenden (Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 12; Kolodziejcok, in: Kolodziejcok/Endres/Krohn, Naturschutz. Landschaftspflege, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 9). Dagegen wird eingewandt, eine entsprechende Berufung auf die internationalen Empfehlungen sei nur dann statthaft, wenn die Übereinstimmungen klar und ausdrücklich formuliert seien (so Marzik/Willrich, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 1).
In jedem Fall stellt § 24 BNatSchG Anforderungen auf, die bei Erfüllung zu einer Schutzgebietsausweisung in Anlehnung an die Kategorie II der IUCN führt (vgl. Europarc Deutschland (Hrsg.), Richtlinien zur Anwendung der IUCN-Managementkategorien für Schutzgebiete, S. 21 ff.; Scharinger, Rechtsgrundlagen für die Errichtung von Nationalparken in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Italien, S. 31 ff.)

b) Großräumigkeit (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)
Während im internationalen Kontext von einer Großräumigkeit bereits ab 1000 ha Gebietsfläche ausgegangen werden kann, auch wenn die IUCN selbst sich diesbezüglich jeglicher Äußerung enthält („in der Regel groß“; vgl. Marzik/Willrich, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 29 f.), ist die deutsche Regelung etwas differenzierter. Das Bundesnaturschutzgesetz selbst macht keine explizite größenmäßige Vorgabe für die Erstreckung eines Nationalparks.
In Abgrenzung zu klassischen Naturschutzgebieten ist eine besondere Größe zu fordern, an der die besondere Kategorie des Gebietsschutzes und die Klassifizierung als Großschutzgebiet deutlich werden (vgl. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 5; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 19). Dies gilt insbesondere für die Möglichkeit, dass sich innerhalb des Gebiets ein eigenes, natürliches Ökosystem mit komplexen Prozessen entwickeln kann, was bereits eine gewisse Quantität bedingt (Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 16). Von einer solchen erheblichen gebietsmäßigen Erstreckung wird teilweise erst ab 10.000 ha ausgegangen (so Marzik/Willrich, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 7; Spreen, Zuständigkeit des Bundes für ein gesamtstaatliches Nationalparkprogramm?, ZUR 2005, 131; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 5; Peine, Das Recht des Nationalparks: Errichtung, Bestandsschutz, Nutzung, LKV 2002, 441; Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 13 spricht daher von einer Forderung nach 10.000 ha durch die „h.M.“). Diese Größenordnung findet sich lediglich in Bayern als Soll-Vorschrift wieder, vgl. Art. 13 BayNatSchG.
Nachdem der Gesetzgeber auf eine konkrete Vorgabe ausdrücklich verzichtet hat (BT Drs. 7/324, 5), verbietet sich an dieser Stelle jegliche schematische Einordnung. So kann z.B. die Ausweisung eines Parks mit weniger als 6.000 ha bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen unproblematisch sein.
Dies zeigt sich an den Beispielen:
- Kellerwald-Edersee: 5.724 ha
- Hainich: 7.513 ha
- Sächsische Schweiz: 9.350 ha
- Jasmund: 3.003 ha
Erstrebenswert erscheint eine Differenzierung nach dem jeweilig zu schützenden Lebensraum, so dass beispielsweise in Mittelgebirgen, Hügel- und Tiefland durchaus 6.000-8.000 ha als ausreichend erachtet werden können (vgl. Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 16; Biebelriether, Studie über potentielle und bestehende Nationalparke in Deutschland, in: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Angewandte Landschaftsökologie, 10, 1997, S. 33). In jedem Fall ist eine Orientierung am konkreten Schutzzweck und dem Gesamtzuschnitt des Gebiets geboten. Dies bedingt eine Betrachtung in jedem Einzelfall (Kolodziejcok, in: Kolodziejcok/Endres/Krohn, Naturschutz. Landschaftspflege, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 14 ff.; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 16; Schumacher/Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 24 ff.).
Hierfür spricht auch, dass selbst eine gebietsmäßige Erfassung jenseits der magischen 10.000 ha zu einer Verneinung des Kriteriums der Großflächigkeit führen kann. Beispielsweise wurde bei der Elbtalaue diese Eigenschaft in Frage gestellt, die bei 82 km Länge lediglich eine Breite von 200 Meter bis 5,5 km aufweist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 22.2.1999, ZUR 1999, 156 zum unteren Odertal).
Zusätzliches Merkmal kann hier sein, ob dieser Gebietszuschnitt der natürlichen Ausbreitung entspricht oder nicht. Angesichts der starken Besiedelung der Bundesrepublik sollte hier eher Großzügigkeit herrschen, um dem Nationalpark als Großschutzgebiet über die bestehenden Parks hinaus weiter Perspektiven zu geben.
Sofern z.B. eine Zerteilung des Nationalparks in mehrere Flächen vorliegt, ist denkbar, den gebietsmäßigen Nachteil durch eine Erhöhung der geforderten Gesamtfläche zu kompensieren (so Biebelriether, Studie über potentielle und bestehende Nationalparke in Deutschland, in: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Angewandte Landschaftsökologie, 10, 1997, S. 236).

c) Unzerschnittenheit (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)
Das relativ neue Kriterium der Unzerschnittenheit der Landschaft wurde mit der Novelle 2010 in das Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen. Hintergrund ist die Bedeutung der ungestörten Entwicklung von Ökosystemen und deren Wechselwirkungen in einem Nationalpark (Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 15). Je größer die Durchschnittenheit und damit die Fragmentierung innerhalb eines Gebietes, desto schwieriger erscheint die Erreichbarkeit der mit einem Nationalpark verbundenen Zielsetzungen. Eine solche Ver- oder Behinderung kann durch verschiedenste Infrastrukturvorhaben, wie z.B. Verkehrswege, Leitungstrassen, Kanäle oder bebaute Flächen, hervorgerufen werden. Dabei ist unabhängig, ob diese zu einer punktförmigen Beeinträchtigung wie durch eine kleine Siedlung (vgl. zur Zersiedelung § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG) oder zur ganzen Gebietstrennung (vgl. zur Zerschneidung der Landschaft § 1 Abs. 5 S. 3 BNatSchG) kommt (vgl. Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 17).
Maßgeblich ist alleine das Kriterium der Landschaftsfremdheit, das die ökologischen Wechselbeziehungen hindert. Ob eine solche Beeinträchtigung des freien Laufs der Natur in einem schädlichen Maß vorliegt, obliegt einer Betrachtung des Einzelfalls. Die quantitative Anzahl der schädlichen Wirkungen kann hierfür nur ein Indiz sein.
Maßgeblich für die Erfüllung der Voraussetzung der Unzerschnittenheit wird alleine die naturschutzfachliche Feststellung sein, dass trotz der vorhandenen Störfaktoren die Schutzziele des § 24 Abs. 2 BNatSchG verwirklicht werden können (wie hier Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 5; ähnlich, aber lediglich auf Abs. 2 S. 1 abstellend Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 17).
Diese Diskussion wird aktuell insbesondere bei der Ausweisung eines möglichen Nationalparks Steigerwald von Bedeutung sein. Der derzeit vorliegende Vorschlag geht von einer Fläche von über 10.000 ha aus, die aus zwei vollständig getrennten Gebietseinheiten bestehen. Die Trennung ist durch eine Straße bedingt, der Korridor zwischen den beiden Teilflächen des einheitlichen Nationalparks bedarf einer genauen Überprüfung, ob er trotz der geographischen Entzweiung eines an sich einheitlichen Gebiets die Funktionsfähigkeit und Entwicklung eines Ökosystems gewährleisten kann. Ohne den Nachweis, dass die Zusammenfassung beider Teile als Nationalpark aus naturschutzfachlicher Sicht geboten und sinnhaftig ist, wird die Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 24 BNatSchG nur schwer festzustellen sein.

d) Besondere Eigenart von Nationalparks (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)
Einer besonderen interpretatorischen Ausfüllung bedarf das Erfordernis der besonderen Eigenart der durch einen Nationalpark geschützten Natur und Landschaft. Dabei ist zu beachten, dass die Begrifflichkeit nicht mit einem alleinigen Verweis auf § 23 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG definiert werden kann, da es hier nicht nur um die eigentümliche Ausprägung von Natur und Landschaft geht, sondern darüber hinaus um
„charakteristische Beispiele der wichtigsten Naturregionen sowie biologische und Umweltmerkmale oder Landschaften von herausragender Schönheit […], in denen Pflanzen und Tierarten, Lebensräume und Räume mit hoher geologischer Diversität vorkommen, die von besonderer Bedeutung für geistig-seelische Erfahrungen sowie für Wissenschaft, Bildung, Erholung und Tourismus sind.“ (Europarc Deutschland (Hrsg.), Richtlinien zur Anwendung der IUCN-Managementkategorien für Schutzgebiete, S. 22).
Solche Landschaften repräsentieren im besonderen Maße das Naturerbe Deutschlands, was als qualitative Anforderungen im Rahmen des Nr. 1 zwingend zu prüfen ist (so auch Peine, Das Recht des Nationalparks: Errichtung, Bestandsschutz, Nutzung, LKV 2002, 441 f.; Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 5; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 18; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 19; dem nicht folgend Marzik/Willrich, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 1). Als solche typischen Ausprägungen von Natur und Landschaft werden in Deutschland z.B. das Wattenmeer oder die Buchenwaldökosysteme angesehen (vgl. Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 16).
Einhelligkeit besteht in der Literatur darüber, dass das Kriterium der besonderen Eigenart von Natur und Landschaft nicht bedingt, dass eine homogene Landschaft innerhalb eines Nationalparks geschützt wird. Ein Nationalpark kann daher verschiedene Landschaften zusammenfassen (Schumacher/Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 38; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 18; Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, § 24 BNatSchG, Rn. 36; Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 8).
Auf eine – in Anlehnung an die IUCN-Definition – genauere Beschreibung der hierfür letztlich maßgeblichen Kriterien wurde im BNatSchG 2010 verzichtet. Bereits zuvor hatten die Bundesländer Bayern (ausgeglichener Naturhaushalt, Bodengestaltung, Vielfalt, Schönheit in Art. 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BayNatSchG a.F.) und Sachsen (naturräumliche Vielfalt, Eigenart, Schönheit in § 17 Abs. 1 Nr. 1 SächsNatSchG) entsprechende Konkretisierungen vorgenommen, die jedoch nicht in die bundesgesetzliche Regelung übernommen wurden.

e) Qualität eines Naturschutzgebietes (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG)
Nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG muss ein Nationalpark in einem überwiegenden Teil seiner Fläche die Qualität eines Naturschutzgebiets aufweisen. Eine gesonderte Ausweisung als Naturschutzgebiet (§ 23 Abs. 1 BNatSchG) ist nicht vonnöten (z.B. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 8). Häufig werden Naturschutzgebiete als Teile von Nationalparks einfach integraler Bestandteil des Großschutzgebiets (vgl. Dietrich, Eine Systematisierung der Schutzgebietskategorien des Bundesnaturschutzgesetzes nach landschaftsökologischen Kriterien, S. 60).
Es muss lediglich der „überwiegende Teil“ die strengen qualitativen Anforderungen erfüllen. Davon ist auszugehen, wenn über 50% der Fläche des Nationalparks diese Qualitäten aufweist (unstreitig; z.B. Gassner, Recht der Landschaft, S. 215), also schutzbedürftig und schutzwürdig sind (Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 20). Fraglich war früher, ob auch solche Flächen in diese Betrachtung mit einbezogen werden können, die erst in absehbarer Zukunft diesen Anforderungen entsprechen (vgl. BayVerfGH, Urt. v. 14.6.1985, BayVBl. 1985, 523 ff.; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 22.9.1999, NuR 1999, 473 und BVerwG, Beschl. v. 10.9.1999, NuR 2000, 44 f.). so ist dies nach der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes eindeutig zu bejahen (seitdem unstreitig, z.B. Marzik/Willrich, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 9 m.w.N.). Wie § 24 BNatSchG auch lässt § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für das Naturschutzgebiet die Einbeziehung solcher Entwicklungsflächen eindeutig zu.

f) Entwicklung unberührter Natur (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG)

aa) Unberührte Natur, Alt. 1
War der gesetzgeberische Ansatz zum Schutz unberührter Natur die Ausweisung von Gebieten in einem „von Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand […]“, so stellte sich schnell heraus, dass dieses materielle Kriterium nicht geeignet ist, dem Nationalpark seine umweltpolitische und naturschutzrechtliche Bedeutung zukommen zu lassen. Würden diese strengen Maßstäbe jenseits jeglicher anthropogener Beeinflussung ernsthaft angewandt, wären der Ausweisung neuer Nationalparks in Deutschland engste Grenzen gesteckt. Dies zeigte sich auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OVG Lüneburg, ZUR 1999, 156; BVerwG, Beschl. v. 10.9.1999, NuR 2000, 43).
In der Folge wurde die Unberührtheit der Natur zwar weiterhin gefordert. Nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG genügt es aber, dass dieser Zustand im überwiegenden Teil des Nationalparks gewährleistet wird. Dem wird genüge getan, wenn mehr als 50% der Fläche des Großschutzgebiets diese Qualität vorweisen kann (vgl. Gassner, Recht der Landschaft, S. 215; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 19; Louis/Engelke, BNatSchG, § 14 BNatSchG, Rn. 7).
§ 24 BNatSchG knüpft bei der Einstufung der Beeinflussung von Natur und Landschaft an die in der ökologischen Literatur gebräuchlichen Hemerobielehre an (zur Bedeutung dieser Einstufung für das BNatSchG siehe Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 22 m.w.N.). Danach ergeben sich folgende Stufen (hierzu auch Dietrich, Eine Systematisierung der Schutzgebietskategorien des Bundesnaturschutzgesetzes nach landschaftsökologischen Kriterien, S. 213 ff.):
(1) Mesohemerobes Ökosysten: halbnatürlicher Zustand, vom Menschen beeinflusst
(2) Oligohemerobes Ökosystem: vom Menschen wenig beeinflusste Zustände
(3) Ahemerobes Ökosystem: natürlicher Zustand, vom Menschen unbeeinflusstes Ökosystem
Nach dem BVerwG (Beschl. v. 10.9.1999, NuR 2000, 43) sind für die Einstufung eines Gebietes sowohl qualitative als auch quantitative Faktoren zu ermitteln und zu bewerten (so auch Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 22). Als Kriterien können hierbei die Fähigkeit des Ökosystems zur Selbstregulierung, der Grad des menschlichen Einflusses, oder die Natürlichkeit des Naturzustandes sein. Hieraus folgt, dass alleine die Tatsache des Vorhandenseins von fremden Einflüssen, wie z.B. durch Verkehrswege (siehe § 24 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), nicht zwangsläufig zur Verneinung der Unberührtheit führen muss. Andererseits ist eine land- oder forstwirtschaftliche Intensivnutzung stets schädlich (Marzik/Willrich, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 10; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 22; Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, § 24 BNatSchG, Rn. 40). Die Faustregel hierfür sollte sein, dass alleine ahemerobe und nur in engen Grenzen oligohemerobe Sytem für einen Nationalpark in Betracht kommen (Schumacher/Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 48). Maßgebend ist, dass das Ökosystem noch in seiner „Substanz“ vorhanden ist (Kolodziejcok, in: Kolodziejcok/Endres/Krohn, Naturschutz. Landschaftspflege, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 24; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 10). Die IUCN spricht neben von „natürlichen“ daher auch von „naturnahen“ Gebieten.
Nimmt man den Grad der Natürlichkeit als entscheidenden Faktor, so wird in Zukunft vermehrt der Tatsache Rechnung zu tragen sein, dass selbst entlegenste Gebiete in den Hochalpen durch Ski- und Wandertourisumus oder das Wattenmeer, genutzt zur Energiegewinnung mit Windkraftanlagen oder zur Fischerei (vgl. hierzu Fisahn, Urteilsanmerkung, ZUR 1999, 159), menschlichen Einflüssen unterliegen. Anknüpfungspunkt kann daher nicht der „Rohzustand“ der Landschaft in Urzeiten sein. Teilweise wird vertreten, dass auch vom Menschen in vorindustrieller Zeit geformte und maßgeblich beeinflusste Natur unter Abs. 1 Nr. 3, 1. Alt. subsumiert werden kann (z.B. Blum/Agena/Franke, NNatSchG, § 25 NNatSchG, Rn.7). Hierzu zählen beispielsweise Heidelandschaften, Niederwälder, Almen, Moore. In der Literatur wurde dieses Argument übersteigert, indem auch Landschaften als nationalparkfähig erklärt wurden, die sich im Zeitpunkt der Unterschutzstellung in einem vom Menschen stark beeinflussten Zustand befinden, der Nationalpark aber gerade darauf abzielt, eine natürliche Entwicklung wieder zu ermöglichen bzw. zu forcieren (Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 10; dazu auch Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 10).
Dem ist die Rechtsprechung, insbesondere unter Berufung auf den Wortlaut des § 14 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. entgegengetreten (OVG Lüneburg, ZUR 1999, 156; BVerwG NuR 2000, 43). Danach sollte ein Gebiet nur dann als Nationalpark in Frage gekommen, wen es vom Menschen gar nicht oder nur in geringem Maße beeinflusst worden ist (unter Berufung auf § 25 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F.). In der Folge wurden Forderungen laut, der restriktiven Auslegung (diese anzweifelnd z.B. Louis/Engelke, BNatSchG, § 14 BNatSchG, Rn. 8; Stock, Nationalparke in Deutschland: Den Entwicklungsgedanken gesetzlich absichern und konkretisieren!, NuR 2000, 198 ff.) durch eine Ergänzung des Wortlauts entgegenzutreten (Kolodziejcok, Nationalparke an Wendepunkt?, NuR 2000, 252 f.). Hierauf hat der Gesetzgeber mit der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 reagiert.

bb) Entwicklungsnationalparks, Alt. 2
Vor dem Hintergrund der in Deutschland weitgehenden Einflussnahme des Menschen auf alle Arten von Ökosystemen kommt dem „Entwicklungsnationalpark“ besondere Bedeutung zu. Unproblematisch ist daher, Flächen in das Großschutzgebiet mit einzubeziehen, die erst in absehbarer Zeit eine Dynamik der natürlichen Entwicklung vorweisen können, die das Kriterium der Unberührtheit erfüllen.
Der angestrebte Zustand kann dabei durch natürliche Abläufe wie auch durch aktives menschliches Zutun erreicht werden. So kann es z.B. in Buchenwaldnationalparks durchaus vonnöten sein, dem Ökosystem untypische, durch menschliche Bewirtschaftung eingebrachte Gehölze, insbesondere Nadelholzanteile, systematisch zu entziehen. Auch kann die Ausübung der Jagd außerhalb der Kernzonen zur Schaffung eines ökologischen Gleichgewichts in bestimmtem Rahmen geboten sein. Andere Maßnahmen können z.B. der Rückbau von Deichen oder von Bauwerken sein (vgl. BT Drs. 14/6378, 51).
Dennoch wird man fordern müssen, dass Nationalparks typischerweise Gebiete sind, in denen sich solche Maßnahmen in engen Grenzen (vgl. Peine, Das Recht des Nationalparks: Errichtung, Bestandsschutz, Nutzung, LKV 2002, 441 f.) halten („Vornahme gewisser Entwicklungsmaßnahmen“: Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 12), da ansonsten die Besonderheit und Repräsentation für das nationale Naturerbe nur bedingt darstellbar wäre (vgl. auch Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 25). Nur so kann vor dem Hintergrund § 1 Abs. 2 Nr. 3, 1. Hs. „Beliebigkeit“ bei der Ausweisung von Nationalparks vermieden werden (Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 25). Dies gebietet auch das Eigentumsgrundrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG der betroffenen Grundeigentümer.
War zunächst beabsichtigt, für die Umsetzung der Entwicklungsziele einen Zeitraum von 30 Jahren verbindlich festzuschreiben, wurde diese Forderung auf Druck des Bundesrates 2002 aus dem Regierungsentwurf gestrichen. Aus diesem Grund gibt Abs. 1 Nr. 3 keinen zeitlichen Rahmen vor, innerhalb dessen die Entwicklungsziele des Nationalparks – im Zeitpunkt der Unterschutzstellung prognostisch – erreichbar erscheinen müssen. Dennoch wird mit guten Gründen angenommen, dass die 30 Jahre z.B. bei Waldpopulationen durchaus als Anhaltspunkt genommen werden können (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 10; Kolodziejcok, in: Kolodziejcok/Endres/Krohn, Naturschutz. Landschaftspflege, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 33 ff.; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 26; Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 26). Dies erscheint überzeugend, da nur so Gebiete mit der Bedeutung eines Nationalparks von sonstigen Landschaftsräumen abgegrenzt werden können, die „Geeignetheit“ mithin konkretisierend objektiviert wird. Dass die starre Begrenzung nicht Gegenstand des Gesetzes wurde, ist aber ebenso überzeugend, da vielfach darauf hingewiesen wird, dass eine Rücksichtnahme auf die Besonderheiten der jeweils zu schützenden Lebensräume zu weit tragfähigeren Ergebnissen führen kann (Schumacher/Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 52; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 13).
Die deutsche Festlegung auf eine überwiegende Unberührtheit der Natur und Landschaft ist nicht unumstritten. So fordert die IUCN (Europarc Deutschland (Hrsg.), Richtlinien zur Anwendung der IUCN-Managementkategorien für Schutzgebiete, S. 21 ff.) als Managementziel eine Unberührtheit von mindestens ¾ der betroffenen Fläche. Mit dieser Forderung konnte sich die Bundesregierung aber nicht durchsetzen (hierzu ausführlich siehe Gesetzeshistorie).

g) Einheitlichkeit des Schutzes
§ 24 BNatSchG äußert sich nicht explizit zu den Anforderungen an die Verwaltung eines Nationalparks (hierzu eingehend Legler, Die Organisation deutscher Nationalparkverwaltungen, S. 40 ff.). Einigkeit besteht in der Literatur aber darüber, dass eine nationalparkrechtliche Festsetzung erfordert, dass das Gebiet einheitlich und widerspruchsfrei geschützt wird (z.B. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 19; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 14). Dies bedeutet, dass das Nationalparkmanagement auf einem umfassenden Konzept fußen muss, das der Bedeutung der Großschutzgebiete gerecht wird. Streitig ist, ob dies eine besondere behördliche Zuständigkeit erfordert (vgl. Legler, Organisation deutscher Nationalparkverwaltungen, S. 82).
Nachdem dieser Gedanke nach Diskussion durch den Gesetzgeber (BT Drs. 7/886, 37) keinen Eingang in die Norm gefunden hat, kann dies nicht als bundesrechtliche Vorgabe angesehen werden. Dennoch wird ein „einheitliches Gebietsmanagement“ gefordert (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 19; öffentliche oder private Verwaltung „erwünscht“: Mühlbauer, in: Lorz, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 24 BNatSchG, Rn. 3).
In jedem Fall ist festzustellen, dass die Einheitlichkeit des Schutzes materiell eine Zonierung, z.B. die Festlegung einer Pufferzone, nicht ausschließt (vgl. die nach § 22 Abs. 1 S. 2 BNatSchG mögliche Gebietszonierung; Schumacher/Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 20).
Die Praxis der Länder zeigt, dass typischerweise die Verwaltung der Nationalparks bestimmten Behörden zugewiesen ist (Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, § 24 BNatSchG, Rn. 64). Häufig kommt es dann auch zu einer Übernahme der Funktionen der unteren Naturschutzbehörde (vgl. z.B. § NatSchAG Mecklenburg-Vorpommern).

4. Ziele eines Nationalparks (§ 24 Abs. 2 BNatSchG)

a) Prozessschutz
b) Weitere Schutzziele
wissenschaftliche Umweltbeobachtung (§ 6 BNatSchG)
naturkundliche Bildung (§ 2 Abs. 6 BNatSchG)
Naturerlebnis der Bevölkerung

§ 24 Abs. 2 BNatSchG definiert die Ziele eines Nationalparks. Die Ziele müssen dabei ausweislich des Wortlauts nicht in der gesamten Fläche verfolgt werden. Auch hier – wie in § 24 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG – genügt der überwiegende Teil, der zutreffend mit mindestens 51% des Nationalparkgebiets beschrieben wird. Insofern ergeben sich hinsichtlich der Auslegung der „Überwiegendheit“ keine Besonderheiten (so auch Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 14).
Ziele eines Nationalparks sind
primär der Schutz des Ablaufs möglichst ungestörter natürlicher Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik (§ 24 Abs. 3 S. 1 BNatSchG) und
sekundär die wissenschaftliche Umweltbeobachtung, die naturkundliche Bildung und das Naturerlebnis der Bevölkerung (§ 24 Abs. 3 S. 2 BNatSchG).

a) Prozessschutz
Zu Zeiten der Geltung des § 14 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG a.F. war vordringliche Zielsetzung eines Nationalparks die Gewährleistung eines optimierten Artenschutzes. Danach war Aufgabe des Nationalparks vornehmlich die Erhaltung eines möglichst artenreichen Tier- und Pflanzenbestandes zu gewährleisten. 2002 wurde der Artenschutz im Bundesnaturschutzgesetz zurückgedrängt.
Nunmehr steht der sog. Prozessschutz im Vordergrund, der durchsetzen soll, dass die sich die natürlichen Vorgänge möglichst ungestört entwickeln können. Hierdurch hat der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung getragen, dass der Ablauf der Natur kein statisches Phänomen ist, sondern sich selbst stetig wandelt und insofern auch geschützt werden soll (BT Drs. 14/6378, 52).
Arten- und Prozessschutz müssen nicht zwingend miteinander einhergehen. Vielmehr ist denkbar, dass die natürliche Entwicklung gerade zum Zurückdrängen einer bestimmten Art führt (Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, § 24 BNatSchG, Rn. 47). Diesem Konfliktpotenzial war sich der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 24 BNatSchG bewusst (BT Drs. 14/6378, 51), ist dem dynamischen Ansatz aber im Ergebnis uneingeschränkt gefolgt.
Naturvorgänge in diesem Sinne sind alle natürlichen Abläufe, die sich ohne menschliche Einflüsse in Zusammenhang mit Bestandteilen des Naturhaushaltes (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) sowie der damit einhergehenden Wirkungen entfalten (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 15). Dies bedingt z.B. dass sich Waldflächen nach Sturmwurf oder Schädlingsbefall oder z.B. Flussauen nach Hochwassereinwirkungen ohne anthropogenen Einfluss entwickeln können (vgl. die Beispiele bei Gassner/Heugel, Das neue Naturschutzrechtrecht, Rn. 414; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 32; Schumacher/Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 59).
Diese Maßstäbe sind im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung zur Unterschutzstellung des Gebiets zu prüfen (Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 29).
Der umfangreiche Prozessschutz ist Voraussetzung für eine Einordnung in die IUCN-Kategorie IIb, die auf den Schutz sog. Wildnisgebiete abzielt (Europarc Deutschland (Hrsg.), Richtlinien zur Anwendung der IUCN-Managementkategorien für Schutzgebiete, S. 19 ff.).

b) Weitere Schutzziele
Die weiteren, als sekundär bezeichnete Ziele
- der wissenschaftlichen Umweltbeobachtung (§ 6 BNatSchG)
- der naturkundlichen Bildung (§ 2 Abs. 6 BNatSchG) und
- des Naturerlebnisses der Bevölkerung
kommen nur zum Tragen, soweit der Schutzzweck dies trägt (vgl. Europarc Deutschland (Hrsg.), Richtlinien zur Anwendung der IUCN-Managementkategorien für Schutzgebiete, S. 21: „geistig-seelische Erfahrungen und Forschungsmöglichkeiten […] sowie Bildungs-, Erholungs- und Besucherangebote“). Das Gesetz spricht sich demnach für eine klare Nachrangigkeit der Ziele nach Seite 2 aus (BT Drs. 14/6378, 52). Ob die Nennung der drei Beispielsziele abschließend ist, ist nicht abschließend erklärt (siehe Kolodziejcok, in: Kolodziejcok/Endres/Krohn, Naturschutz. Landschaftspflege, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 63; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 34). Denkbar wäre durchaus, dass der Zugang der Allgemeinheit zum Nationalpark schutzgebietsverträglich auf weitere Ziele ausgedehnt werden könnte. Letztlich liegt dies im pflichtgemäßen Ermessen des Landesverordnungs oder -gesetzgebers. Es ist aber fraglich, ob dieser Streit theoretischer Natur ist, zumal eine angemessene Öffnung des Nationalparks durch eine großzügige Auslegung der gesetzlich vorgesehenen Tatbestände gewährleistet werden kann.
Durch den Bezug zu weiteren Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes wird klargestellt, dass diese naturschutzrechtlich anerkannten Interessen im Rahmen der Ausweisung eines Nationalparks Beachtung finden müssen. Konkrete Auswirkungen hat dies z.B. bei der Erarbeitung des Wegeplans als fester Bestandteil eines Nationalparkplans. Hier ist seitens der Nationalparkverwaltung festzulegen, welche Möglichkeiten des Zugangs zum Schutzgebiet für die Besucher gegeben ist. Vom Grundsatz her muss es Interessierten eröffnet sein, zu Bildungs- oder Erholungszwecken das Nationalparkgebiet zu durchschreiten. Aus Gründen des vorrangigen Naturschutzes kann es im Einzelfall aber zu Beschränkungen kommen (Mühlbauer, in: Lorz, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 24 BNatSchG, Rn. 9).
So kann es z.B. zu einer Beschränkung des Zutritts zur Kernzone des Nationalparks kommen. Gleichermaßen kann die Verwaltung ein Wegegebot aussprechen. Es kann auch geboten sein, das Reiten oder das Befahren mit Pferdegespannen zu verbieten (vgl. BayVGH, NuR 2001, 526).

Umweltbeobachtung
Das Ziel der Umweltbeobachtung umfasst in erster Linie die Beobachtung von Natur und Landschaft nach § 6 Abs. 2 BNatSchG. Hierunter ist die gezielte und fortlaufende Ermittlung, Beschreibung und Bewertung des Zustands des Nationalparks zu verstehen (vgl. Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 35). Gerade Nationalparks als großräumige Wildnisgebiete bieten die Chance, einzigartige Erkenntnisse über Ökosysteme und deren Wechselwirkungen zu erlangen (Schumacher/Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 65). Nationalparks sind daher besonders begehrte Forschungsobjekte sowohl von staatlichen wie von privaten Forschungseinrichtungen (Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 16).
Darüber hinaus kann unter das Ziel der Umweltbeobachtung auch die Wahrnehmung der Natur durch sonstige, nicht wissenschaftlich tätige Personen gefasst werden. Aufgrund der Überschneidung mit dem Ziel des Naturerlebnisses wird dem aber kein eigenständiger Regelungsbereich zuzuordnen sein.

Bildung
Über das bloße Erleben der Natur geht das sekundäre Bildungsziel eines Nationalparks hinaus. Es soll gewährleisten, dass Nationalparks ein grundsätzliches Interesse und Verständnis für die natürlichen Zusammenhänge und der natürlichen Ökosysteme wecken sollen. Dies impliziert den Auftrag an die Nationalparkverwaltungen, im Rahmen eines Bildungsauftrages Angebote zur naturkundlichen Bildung für alle Altersschichten zu schaffen. Diese Maßnahmen können durch Aktivitäten privater Vereinigungen oder Träger flankiert werden (vgl. Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 36). Im Bildungsauftrag des Nationalparks liegt ein Unterscheid zum Naturschutzgebiet, das ausschließlich auf Naturerhaltung gerichtet ist (Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 34; Kerkmann, in: Kerkmann, Naturschutzrecht in der Praxis, § 5, Rn. 74).

Naturerlebnis
Das Naturerlebnis der Bevölkerung umfasst die Erholung und die Wahrnehmung der natürlichen Umgebung ohne Forschungs- oder Bildungsehrgeiz. Zu diesem Zweck wird es erforderlich sein, dass die Nationalparks eine entsprechende Infrastruktur bereitstellen. Dies gilt insbesondere für die Ausarbeitung eines Wegeplanes sowie darauf basierender Regelungen. Im Zweifel kann der Schutzzweck des Nationalparks z.B. die Anordnung eines Wegegebots bedingen, mit der Folge, dass sich das Naturerlebnis auf das Beschreiten ausgewiesener Wege und Flächen beschränkt. Diese Entscheidung trifft die Nationalparkverwaltung nach pflichtgemäßem Ermessen. In der Regel wird der Nationalparkplan einen Wegeplan enthalten, der die einzurichtenden oder aufzulassenden Flächen für die Besucher plant und steuert.


5. Schutzregime (§ 24 Abs. 3 BNatSchG)

Nationalparks sind qualitativ gleichermaßen zu schützen wie Naturschutzgebiete. Dies beinhaltet zuallervorderst ein absolutes Veränderungsverbot, § 23 Abs. 2 S. 1 BNatSchG. Danach sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Veränderung, oder nachhaltigen Störung innerhalb des Schutzgebiets führen können, unzulässig und in der Regel nach der den Nationalpark festsetzenden Regelung strafbewehrt. Im Ergebnis handelt es sich beim Nationalpark um ein „großes Naturschutzgebiet“ (so Mühlbauer, in: Lorz, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 24 BNatSchG, Rn. 2 und Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 20).
Das Schutzzweckerfordernis wurde 2002 in die Vorschrift aufgenommen und soll sicherstellen, dass dem Prozessschutzziel absoluter Vorrang eingeräumt wird, vgl. § 22 Abs. 1 S. 2 BNatSchG (vgl. BT Drs. 14/6378, 52).
Die nähere Ausgestaltung dieses Grundsatzes obliegt dem jeweiligen Verordnungs- bzw. Gesetzgeber. Dieser kann im Rahmen des besonderen Schutzzwecks zahlreiche Ausnahmen zulassen. Beispielsweise kann es durchaus erlaubt sein, für den Eigengebrauch Pilze oder Kräuter zu sammeln, ohne dass der Prozessschutz hierdurch gefährdet würde. Nach § 24 Abs. 3 S. 2 BNatSchG sind bei der Festlegung des konkreten Schutzregimes der Großräumigkeit und ggf. der Besiedelung des Nationalparks Rechnung zu tragen.
Ein Beispiel für das Veränderungsverbot liefert OVG Schleswig (NuR 2012, 282), wonach der Import von Miesmuschen in das Gebiet des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer als unzulässig erachtet wurde.
Im Einzelfall kann daher in der Ausgestaltung des Nationalparkregimes auf das Wirtschafts-, Verkehrs- und Versorgungsbedürfnis der lokalen Bevölkerung Rücksicht genommen werden (Louis/Engelke, BNatSchG, § 14 BNatSchG, Rn. 10). Dies ist schon wegen der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) und des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip zu fordern. Zu beachte ist zudem die kommunale Planungshoheit bei Kollision mit bauplanungsrechtlichem Handeln von Kommunen als unmittelbarer Ausfluss des kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG). Anders ist dies bei überregionalen Einwendungen zu beurteilen (Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, § 24 BNatSchG, Rn. 76).
Die möglichen Ausnahmen (zum Begriff Appel, in: Frenz/Müggenborn (Hrsg.), BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 40) sind im Rahmen einer Abwägung zwischen dem naturschutzfachlichen Interesse und den Interessen der Betroffenen zu ermitteln (BVerwG, Beschl. v. 23.7.2003, NVwZ, 2003, 1519). Ergebnis des Abwägungsprozesses kann auch ein (baurechtlicher) Bestandsschutz sein, der im Einzelfall gegenüber dem Naturschutz überwiegen kann (zum Fall des Bestandsschutzes eines Badesteges im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft OVG Greifswald, NuR 2012, 336). Der Begriff der Ausnahme ist hierbei im Sinne einer Abmilderung der Ge- und Verbote zu sehen (Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, § 24 BNatSchG, Rn. 76; Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 40).
In bestimmten Fällen ist die Herausnahme des betreffenden Gebiets aus dem Nationalparkgebiet denkbar. Eine verpflichtende räumliche Einschränkung lässt sich Absatz 3 aber nicht entnehmen (Marzik/Wilrich, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 18). Sollte als Ergebnis der naturschutzrechtlichen Abwägung der Ausweisung des Schutzgebiets gegen über den Eigentümerinteressen (hierzu BVerwG, Beschl. v. 23.7.2003, UPR 2004, 74) Vorrang eingeräumt werden, sind die betroffenen Eigentümer zu entschädigen. Es handelt es sich um einen ausgleichspflichtigen enteignungsgleichen Eingriff, da dem Grundstück faktisch jede Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeit entzogen wird. Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zu den Folgen der Ausweisung eines Naturschutzgebiets.
Eine Abmilderung kann insoweit durch die Zonierung des Nationalparks in eine Kern-, Entwicklungs- und eine Pflegezone erfolgen (Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 41), die bei den deutschen Nationalparks üblich ist. Die Einteilung in Zonen erfolgt nicht nur aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, sondern auch aus naturschutzfachlicher Sicht, z.B. zur teilweisen Öffnung des Gebiets zu Jagdzwecken o.ä. So kann in Teilen des Nationalparks beispielsweise eine land-, forst- oder fischereirechtliche Nutzung ermöglicht werden (vgl. Peine, Das Recht des Nationalparks: Errichtung, Bestandsschutz, Nutzung, LKV 2002, 4419).

6. Vollzug des § 24 BNatSchG durch die Bundesländer
a) Festsetzung der Nationalparks
b) Landesrechtliche Ausgestaltung
c) Anpassung des Landesrecht an das BNatSchG 2010
d) Vollzugspraxis

a) Festsetzung der Nationalparks
Die Länder sind an die Vorgaben des § 24 BNatSchG strikt gebunden. Abweichende Regelungen sind unzulässig, Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GG. Nur so kann § 20 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG verstanden werden, der die Ausweisung eines Nationalparks nach Maßgabe des § 24 BNatSchG vorsieht. Daher sind die Länder z.B. an die Schutzzwecke und das Schutzregime gebunden (Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 54).
Dennoch eröffnet ihnen die Lückenhaftigkeit der Vorschrift zahlreiche Spielräume (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 17, der von der Regelung lediglich „einzelner Aspekte“ spricht). Dies gilt insbesondere für die
- Festsetzung der Nationalparks und deren Rechtsverbindlichkeit (1),
- Rechtsform (2),
- Einheitlichkeit des Schutzes (3) und die
- Festlegung des Schutzregimes (4)
- Nationalparkverwaltung (5).
Solche Regelungen sind nähere Bestimmungen i.S.d. § 23 Abs. 2 BNatSchG, vgl. Art. 72 Abs. 1 GG.
(1) Die Festsetzung des Nationalparks erfolgt in eigener Zuständigkeit der Bundesländer. Dies einschränkend sieht § 22 Abs. 5 BNatSchG vor, dass vor Ausweisung eines Nationalparks das Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zwingend zu beteiligen sind. Daran wird die bundesdeutsche Bedeutung des Schutzes einzigartiger Landschaft deutlich.
Bisher existiert kein Nationalparkprogramm des Bundes. Eine solche Kompetenz der Natur der Sache nach ist mangels Erforderlichkeit mehr als problematisch (a.A. Spreen, NuR 2001, 526). Lediglich eine Empfehlung des Bundes zur Entwicklung neuer Nationalparkprogramme wäre denkbar. Eine rechtliche Bindung der Länder würde sich hieraus aber nicht ableiten lassen.
(2) Die Rechtsform der Festsetzung wird bundeseinheitlich nicht vorgegeben (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 18). Alleinige Voraussetzung ist die Rechtsverbindlichkeit der Ausweisung. Denkbar sind daher der Erlass von Gesetzes, Rechtsverordnungen oder Satzungen (Marzik/Wilrich, BNatSchG, § 24 BNatSchG, Rn. 4). Der Vorbehalt des Parlaments selbst würde dessen Beteiligung in einem formalen Gesetzgebungsverfahren nicht bedingen (Stock, Nationalparke in Deutschland: Den Entwicklungsgedanken gesetzlich absichern und konkretisieren!, ZUR 2000, 207). Dennoch scheint sich die Bedeutung von Nationalparks in der Wahl der formalisierteren Form unter Beteiligung der Landesgesetzgeber durchzusetzen (vgl. De Witt/Dreier, in: Hoppenberg, HdbdÖffBauR, E Rn. 325).
Lediglich Schleswig-Holstein hat bisher keine landesgesetzliche Regelung im Naturschutzgesetz (LNatSchG SH) getroffen. Die Unterschutzstellung des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer erfolgte durch Landesgesetz (Gesetz vom 22.7.1985, GVBl. 1985, 202 i.d.F. v. 17.12.1999, GVBl. 1999, 518).

(3) Die Einheitlichkeit des Schutzes erfordert von den Bundesländern insbesondere eine Entscheidung über die Zonierung des Gebietes, die trotz der Forderung des § 24 BNatSchG unter Beachtung des § 22 Abs. 1 S. 2 BNatSchG möglich und in den meisten Fällen geboten sein wird. Hierzu gehören die Entscheidung über die Festsetzung einer Kernzone, von Entwicklungszonen und ggf. einer Pufferzone außerhalb des Gebiets.

(4) Bei der Festlegung des Schutzregimes sind notwendige Ausnahmen in Abwägung der Naturschutzziele mit den berechtigten Interessen der Betroffenen, Eigentümern und Besuchern vorzusehen.

(5) Aus der landesrechtlichen Festlegung der Nationalparks und der allgemeinen Verwaltungshoheit der Bundesländern (Art. 84 ff. GG) wird allgemein auf die Zuständigkeit der Länder für die Nationalparkverwaltungen geschlossen. Dieses sind Betreiber der Nationalparks. Fraglich ist, ob eine Übertragung der Verwaltung auf Private möglich ist. Dies wird teilweise mit Verweis auf die öffentlich-rechtliche Aufgabenzuweisung verneint (Mühlbauer, in: Lorz, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 24 BNatSchG, Rn. 7; vgl. auch Czybulka, Rechtliche Möglichkeiten der Mitwirkung des Bundes bei Ausweisung, Entwicklung und Management von Nationalparken in der Bundesrepublik Deutschland, NuR 2007, 167).
Herausragende naturschutzfachliche Bedeutung hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN), das durch Studien, Informationen und Beratung die Nationalparkbestrebungen der Länder koordiniert und begleitet. Eine unmittelbare Durchgriffsmöglichkeit auf die einzelnen Nationalparkverwaltungen besteht aber nicht.
Verabschiedet ein Bundesland Vorschriften im Widerspruch zum Bundesnaturschutzgesetz, so sind diese Landesregelungen unwirksam.
Die Ausweisung eines Nationalparks schließt die (teilweise) überlappende bauleitplanerische Aktivität einer Nationalparkgemeinde, also einer Gemeinde, deren Gemeindegebiet vom Nationalpark tangiert wird, nicht generell aus. Erforderlich sind ggf. lediglich Ausgrenzungen und Ausnahmen zur Gewährleistung der einschränkenden Besiedelung (vgl. Mühlbauer, in: Lorz, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 24 BNatSchG, Rn. 7). Hier ist das Interesse am Naturschutz mit den Interessen der Eigentümer abzuwägen und miteinander in Einklang zu bringen (BVerwG NuR 2004, 167).

b) Landesrechtliche Ausgestaltung und Vollzugspraxis
Zu den Regelungen der einzelnen Bundesländer (LINK)
Zur bisherigen Praxis der Ausweisung von Nationalparken (LINK)

c) Anpassung des Landesrechts an das BNatSchG 2010
Mit dem Übergang der bundesrechtlichen Vorgabe von einer Rahmenvorschrift hin zu einer einheitlich-verbindlichen Normierung haben die Bundesländer, soweit erforderlich, ihre landesrechtlichen Regelungen angepasst:

Bayern: Art. 12 Abs. 1, 13, 51 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG
(hierzu Mühlbauer, Das neue Naturschutzrecht in Bayern, S. 144)
Bremen: § 15 BremNatG
Hamburg: § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 HmbBNatSchAG
Hessen: § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 HAGBNatSchG
Mecklenburg-Vorpommern: § 14 Abs. 1, 4 NatSchAG M-V
Niedersachsen: § 17 NAGBNatSchG
Sachsen-Anhalt: § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 2 b) NatSchG LSA




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