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Personenverkehrsfreiheiten

nach dem AEUV

Die Personenverkehrsfreiheiten sind die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit.
Im Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit sind einige sekundärrechtliche Rechtsakte zu beachten, insbesondere:
- VO 1612/68 EWG

A. Schutzbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit

B. Eingriff in die Arbeitnehmerfreizügigkeit
Der Eingriff ist nicht nur durch staatliche Maßnahme möglich, sondern auch durch Private. In diesen Fällen ist die durch Art. 7 Abs. 4 der VO 1612/68 eingeführte Rechtsfolge bedeutsam, die Nichtigkeit aller Regelungen in Verträgen oder Tarifvereinbarungen vorsieht, welche gegen Regeln der Arbeitnehmerfreizügigkeit verstoßen.

1. Diskriminierung als Eingriff
Die gem. Art. 45 Abs. 2 AEUV verbotenen Diskriminierungen können sich auf folgende Umstände des Arbeitsverhältnisses beziehen:
    • alle Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen (Arbeitszeit, Dauer, Entlohnung, Kündigungsregeln, Stellung im Falle der Arbeitslosigkeit),
    • Ausbildungsförderung,
    • Kindergeld für Kinder des Arbeitnehmers,
    • usw.
Dabei dürfen keine Regeln aufgestellt werden, die bestimmte Vergünstigungen von einer gewissen Dauer des Verbleibs im jeweiligen Land abhängig machen o. ä. (versteckte Diskriminierung).

2. Allgemeines Beschränkungsverbot in Art. 45 AEUV
Der EuGH hat die Arbeitnehmerfreizügigkeit von einer reinen Antidiskriminierungsregelung hin zu einem allgemeinen Beschränkungsverbot entwickelt. Demnach ist nicht nur eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer aus eigenem Land und solcher aus dem EU-Ausland verboten, sondern jegliche Beschränkung der Freiheit des Arbeitnehmers, der seine Arbeit in einem anderen Land verrichten möchte, als in dem er sich befindet. In diesem Zusammenhang hat der EuGH bereits folgende Sachverhalte als Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit festgestellt:
    • Pflicht zur Zahlung einer Ablösesumme bei Abwanderung eines Sportlers aus einem inländischen Sportverein
    • Begrenzung der Erstattung von Reisekosten für Bewerbung auf nationale Grenzen
    • Pflicht des Arbeitnehmers, bestimmte Anforderungen des Zielstaates zu erfüllen, obwohl andere aber vergleichbare Anforderungen im Heimatstaat bereits erbracht werden mussten
    • jeglicher Art Erlaubnisse für Aufnahme bestimmter Arbeitstätigkeiten


C. Rechtfertigung von Eingriffen in die Arbeitnehmerfreizügigkeit
Eingriffe in die Arbeitnehmerfreizügigkeit können - wie Eingriffe in jede Grundfreiheit - unter Umständen gerechtfertigt sein. Eine ausdrückliche Regelung diesbezüglich stellt Art. 45 Abs. 3 AEUV dar. Neben dieser Regelung gelten hier allerdings auch die durch den EuGH erarbeiteten Regeln zur Rechtfertigung von Eingriffen in die europäischen Grundfreiheiten. Demnach ist eine Rechtfertigung gemäß der Cassis-Formel möglich (zwingende Gründe des Allgemeinwohls) sowie in gewissen Konstellationen auf der Grundlage von EU-Grundrechten.


Niederlassungsfreiheit


D. Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit

1. Sachlicher Schutzbereich

a. Ausschluss bei Ausübung öffentlicher Gewalt
Die Ausübung öffentlicher Gewalt i. S. d. Art. 51 AEUV ist - weil die Vorschrift Ausnahmecharakter hat - eng auszulegen. Deshalb kann nicht pauschal jeder Beruf aus dem Bereich der Niederlassungsfreiheit herausgenommen werden, bei dem eine Berührung zur öffentlichen Gewalt auftritt. Es können nur diejenigen (selbständigen) Berufe aus dem Schutzbereich des Art. 49 AEUV herausgenommen werden, bei denen die Ausübung öffentlicher Gewalt das Wesen der jeweiligen Tätigkeit ausmacht (in Deutschland z. B. Notare und Gerichtsvollzieher, aber nicht etwa Wachschutz oder Sicherheitsunternehmen bzw. Rechtsanwälte).

2. Persönlicher Schutzbereich

a. Natürliche Personen
Die Staatsangehörigkeit entscheidet darüber, ob sich eine Person auf Art. 49 AEUV berufen kann oder nicht. Eine etwaige doppelte Staatsbürgerschaft schadet dabei allerdings nicht. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, wo der Betroffene wohnt - es sei denn, dass eine sekundäre Niederlassung neben einer Niederlassung außerhalb der EU gegründet werden soll.

b. Juristische Personen
Bei juristischen Personen ist Art. 54 AEUV zu beachten. Demnach (Abs. 1) sind Gesellschaften aus den Mitgliedstaaten mit natürlichen Personen gleichzusetzen. Wie Art. 54 II AEUV klar stellt, geht es dabei nicht nur um Gesellschaften als Rechtsform. Art. 54 AEUV erfasst insgesamt:
      • sowohl Gesellschaften, die Rechtspersönlichkeit besitzen,
      • wie auch Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit,
      • aber auch andere privatrechtliche Rechtsformen, wie Genossenschaften etc.,
      • und darüber hinaus alle sonstigen juristischen Personen.
Letztere sind damit viel weiter zu verstehen, als im deutschen Recht - "juristische Person" i. S. d. Art. 54 AEUV ist auch ein nicht rechtsfähiges Gebilde. Auch öffentlich-rechtliche juristische Personen fallen hierunter und es spielt keine Rolle, wer die jeweilige juristische Person gegründet hat und wer eventuell die Kontrolle über sie ausübt.

E. Eingriffe in die Niederlassungsfreiheit

1. Diskriminierungen
Ein Eingriff in die Niederlassungsfreiheit ist zunächst in Form einer Diskriminierung möglich. Eine offene Diskriminierung liegt vor, wenn an die Staatsangehörigkeit / -zugehörigkeit direkt unterschiedliche Folgen geknüpft werden, während die Sachverhalte im Übrigen gleichartig sind. Die insofern unterschiedliche Behandlung muss sich nicht auf die Niederlassung selbst beziehen, sondern auch auf Begleitumstände der Niederlassung - Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers, Anmietung von Geschäftsräumen, steuerliche Behandlung etc. (vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 922, 7. Aufl.).

Eine versteckte Diskriminierung ist hingegen dann gegeben, wenn nicht ausdrücklich an die Staatsangehörigkeit angeknüpft wird, aber die jeweilige (nachteilige) Regelung meist ausländische Rechtssubjekte trifft (z. B. Wohnsitz im Inland als Voraussetzung einer Genehmigung).

2. Beschränkungen
Die Niederlassungsfreiheit schützt auch vor unterschiedslosen Beschränkungen. Die Dassonville-Formel aus dem Warenverkehr wird im Bereich der Niederlassungsfreiheit mit der sog. Gebhard-Formel ähnlich angewendet - Eingriff ist jede Maßnahme im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit, welche eine selbständige Tätigkeit behindern oder weniger attraktiv machen.



CategoryEuroparecht
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