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Daten als Know-How


Bedeutsamer für unternehmensseitig genutzte vernetzte und autonome Digitalsysteme ist die Frage des Schutzes von Daten als Know-How. Know-How wird betriebswirtschaftlich als das Wissen um betriebliche Prozesse, sog. betriebliches Handlungswissen. Der Know-How-Schutz ist trotz der 2016 verabschiedeten und bis Juni 2018 in nationales Recht umzusetzende EU-Richtlinie 2016/943 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen lückenhaft. Dies beginnt schon mit der fehlenden rechtlichen Definition von Know-How, die auch mit der Richtlinie nicht geschaffen wird. Definiert werden lediglich Geschäftsgeheimnisse, auf die sich auch Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie zu ihrer Zielsetzung allein bezieht.

EU-Richtlinie 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. Nr. L 157 S. 1)
Art. 1 Abs. 1:
Diese Richtlinie legt Vorschriften für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb, rechtswidriger Nutzung und rechtswidriger Offenlegung fest.
Art. 2:
Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
1. „Geschäftsgeheimnis” Informationen, die alle nachstehenden Kriterien erfüllen:
a) Sie sind in dem Sinne geheim, dass sie weder in ihrer Gesamtheit noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sind;
b) sie sind von kommerziellem Wert, weil sie geheim sind;
c) sie sind Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch die Person, die die rechtmäßige Kontrolle über die Informationen besitzt; (…)

Aus der mangelnden Definition des Know-Hows lässt sich schließen, dass der Richtliniengeber dieses mit Geschäftsgeheimnissen gleichsetzen will. Geschützt sind also nur durch angemessene Maßnahmen geheim gehaltene Informationen, die gerade aus ihrer Geheimheit ihren Wert beziehen.

Bezogen auf das unternehmerische Know-How kann dieses nur dann rechtliche Bedeutung erlangen, wenn es sich um ein betriebsinternes Wissen handelt, das also nicht allgemein branchenbekannt sein darf. Sobald die Informationen über einen eng begrenzten Personenkreis hinaus bekannt werden, sind sie „wertlos“. Nur für diese Informationen schafft die Richtlinie einen dem absoluten Eigentumsschutz ähnlichen Schutz. Wie groß der betriebsinterne Personenkreis, dem das Know-How oder Geschäftsgeheimnis bekannt ist, sein darf, legt die Richtlinie nicht fest. Man kann aber aus dem zusätzlichen Erfordernis der angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen schließen, dass der Kreis kleiner sein muss als die Betriebsbelegschaft und wahrscheinlich auch die relevante Abteilung des Unternehmens. In vernetzten Unternehmen ist daher die Sicherung von Know-How als geheim im Sinne dieser Richtlinie schwierig.

Soweit ein Unternehmen geheimes und gesichertes Know-How besitzt, ist dieses aber nicht absolut geschützt, sondern nur gegen rechtswidrige Eingriffe. Rechtmäßige Nutzungen fremden Know-Hows, d.h. der rechtmäßige Erwerb eines Geschäftsgeheimnisses, liegt nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2016/943 vor bei
  • unabhängiger Entdeckung oder Schöpfung;
  • Beobachtung, Untersuchung, Rückbau oder Testen eines Produkts oder Gegenstands, das bzw. der öffentlich verfügbar gemacht wurde oder sich im rechtmäßigen Besitz des Erwerbers der Information befindet, der keiner rechtsgültigen Pflicht zur Beschränkung des Erwerbs des Geschäftsgeheimnisses unterliegt;
  • Inanspruchnahme des Rechts der Arbeitnehmer oder Arbeitnehmervertreter auf Information und Anhörung gemäß dem Unionsrecht sowie gemäß den Rechtsvorschriften und den Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten,
  • jeder anderen Vorgehensweise, die unter den gegebenen Umständen mit einer seriösen Geschäftspraxis vereinbar ist.

Nur gegen andere Handlungen, also beim rechtswidrigen Erwerb des Geschäftsgeheimnisses, kann der Inhaber des Know-Hows Ansprüche nach den nationalen Gesetzen geltend machen. Damit sind aufgrund der Voraussetzungen und der engen Schutzgrenzen Know-How und Geschäftsgeheimnisse nur sehr eingeschränkt gegen Zugriffe Dritter geschützt. Dies wird sich in einer vernetzten und mittels autonomer Systeme arbeitenden Industrie als unzureichend darstellen:
  • es wird kaum möglich sein, dauerhaft sein betriebliches Know-How vor anderen Unternehmen, mit denen eine Vernetzung besteht, geheim zu halten;
  • der Datenaustausch zwischen Maschinen wird schon wegen der Möglichkeit von Hackerangriffen u.ä. „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ widersprechen;
  • in digitalisierten Industrien wird vor allem die Möglichkeit der Beobachtung, Untersuchung etc. fremder Produkte wesentlich einfach (ggfs. nur durch maschinenlogische Vorgänge) erfolgen als in analogen Industrien.

Dennoch ist der von der Richtlinie beabsichtigte Schutz wesentlich stärker als in der derzeit in §§ 17, 18 UWG vorgesehene strafrechtliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Verboten ist es danach Mitarbeitern während der Dauer des Dienstverhältnisses Geschäftsgeheimnisse Dritten oder in der Absicht der Schadenszufügung zu offenbaren. Gleichfalls strafbar macht sich derjenige, der sich Geschäftsgeheimnisse durch Industriespionage oder ähnliches verschafft und/oder verwertet. In beiden Fällen liegt die Strafandrohung bei 3 Jahren. Bei gewerbsmäßigem Handeln kommt es zu einer Erhöhung des Strafrahmens auf 5 Jahre Freiheitsstrafe. Ein Sonderfall stellt die unbefugte Verwertung von Vorlagen wie Zeichnungen, Modellen u.ä. zu Wettbewerbszwecken dar.


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Autor: Prof. Dr. Ulf Müller

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