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Thüringer Bauordnung [ThürBO]

Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune



§ 59
Grundsatz




(1) Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen bedürfen der Baugenehmigung, soweit in den §§ 60, 61, 75 und 76 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Genehmigungsfreiheit nach den §§ 60, 61, 75 und 76 sowie die Beschränkung der bauaufsichtlichen Prüfung nach den §§ 62, 63, 65 Abs. 4 und § 76 entbinden nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften, insbesondere des Bauplanungsrechts, an Anlagen gestellt werden sowie von der Pflicht, nach anderen Vorschriften erforderliche behördliche Entscheidungen wie Genehmigungen, Erlaubnisse und Bewilligungen einzuholen, und lassen die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt. Die Verpflichtungen der Bauherren, der mit der Baubetreuung Beauftragten, der Bauaufsichtsbehörden, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der Eigentümer nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und § 7 Satz 1 des Hochbaustatistikgesetzes vom 5. Mai 1998 (BGBl. I S. 869) in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.

Quelle










Kommentierung







A. Normgeschichte



1. Historie/Gesetzesbegründung


2014 (G.v.25.03.2014 - GVBL. 2014, 49)

Absatz 1 enthält den Grundsatz, dass jede Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von Anlagen einer Baugenehmigung bedarf, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird. Die in den §§ 60, 61, 75 und 76 geregelten Ausnahmen sind grundsätzlich eng auszulegen.

Eine bauaufsichtliche Genehmigung für die Beseitigung von Anlagen ist nicht erforderlich, da an das Ob der Beseitigung baurechtliche Anforderungen, die in einem bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren präventiv zu prüfen wären, nicht gestellt werden; im Geltungsbereich von Veränderungssperren (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BauGB), in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten (vgl. § 144 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) und im Geltungsbereich von Erhaltungssatzungen (vgl. § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB) bestehen eigenständige Genehmigungserfordernisse, sodass die gemeindliche Planungshoheit durch den Verzicht auf die Genehmigungsbedürftigkeit der Beseitigung von Anlagen nicht beeinträchtigt wird. Im Einzelfall in Betracht kommende andere öffentlich-rechtliche Voraussetzungen für die Beseitigung von Anlagen - namentlich solche des Denkmalschutzes - können in fachrechtlichen Genehmigungsverfahren (etwa im denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisverfahren) abgearbeitet werden. Sicherheitsrechtlich relevant ist demgegenüber lediglich der Vorgang, das Wie der Beseitigung der Anlagen; diesem Vorgang zuzuordnen sind auch die gegebenenfalls im Hinblick auf die Standsicherheit von Nachbargebäuden (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2) zu treffenden Vorkehrungen. Insoweit ist es ausreichend, dem Bauherrn für die in § 60 Abs. 3 benannten Fälle die Einschaltung einer qualifizierten Person zur Beurteilung der Standsicherheit der Nachbargebäude aufzugeben. Bei Abbrucharbeiten zu befürchtende Unfälle stellen kein bauaufsichtlich zu bewältigendes Problem dar, sondern sind als Fragen der Arbeitssicherheit Gegenstand der Gewerbeaufsicht und der Tätigkeit der Berufsgenossenschaften.

Absatz 2 Satz 1 stellt klar, dass Genehmigungsfreiheit und Beschränkung bauaufsichtlicher Prüfungen von der Verpflichtung zur Einhaltung der jeweils einschlägigen materiell-rechtlichen Anforderungen nicht entbinden und die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt lassen. Damit kann es erforderlich sein, die Durchführung eines im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren genehmigten Bauvorhabens wegen Verstoßes gegen materielle Anforderungen der Thüringer Bauordnung zu untersagen. Soweit diese mögliche Kollision vor der Erteilung der Baugenehmigung erkannt wird, ermöglicht § 71 Abs. 1 Halbsatz 2 die Versagung der Baugenehmigung auch aus Gründen, die an sich nicht zum Prüfumfang in dem jeweiligen Verfahren gehören. Die Klarstellung in Satz 2 erfolgt wegen der Bedeutung der Bautätigkeitsstatistik für eine Vielzahl von Planungsentscheidungen von Bund, Land und Kommunen einschließlich der Entscheidung über die Ausgestaltung von Förderprogrammen.

Thüringer Landtag Drucksache 5/5768


2. Verwaltungsvorschrift


Die Genehmigungspflicht ist der Normalfall, die Genehmigungs- oder Verfahrensfreiheit die Ausnahme. Ausnahmetatbestände sind grundsätzlich eng auszulegen. Eine Anwendung auf scheinbar vergleichbare Baumaßnahmen ist daher nicht ohne Weiteres zulässig.

VollzBekThürBO



B. Normauslegung


















Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 59.





© Prof. Dr. Sven Müller-Grune





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