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Thüringer Bauordnung [ThürBO]

Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune



§ 62
Vereinfachtes Genehmigungsverfahren




(1) Das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren wird durchgeführt bei

1. Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3,

2. sonstigen Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2,

3. sonstigen Anlagen, die keine Gebäude sind,

4. Nebengebäuden und Nebenanlagen zu Vorhaben nach den Nummern 1 bis 3,

ausgenommen Sonderbauten und Anlagen, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder dem Thüringer Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren prüft die Bauaufsichtsbehörde

1. die Übereinstimmung mit den Bestimmungen über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB,

2. beantragte Abweichungen im Sinne des § 66 Abs. 1 und 2 Satz 2 sowie

3. andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird.

§ 65 bleibt unberührt.

(2) Über den Bauantrag ist innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der vollständigen Antragsunterlagen zu entscheiden; die Bauaufsichtsbehörde kann diese Frist gegenüber dem Antragsteller aus wichtigem Grund um bis zu zwei Monate verlängern. Der Antrag gilt als genehmigt, wenn über ihn nicht innerhalb der nach Satz 1 maßgeblichen Frist entschieden worden ist.











Kommentierung







A. Normgeschichte







1. Historie







2. Gesetzesbegründung


Absatz 1 regelt die dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren unterliegenden Bauvorhaben und das in diesem Verfahren von der Bauaufsichtsbehörde abzuarbeitende Prüfprogramm.

Dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren müssen die gleichen Bauvorhaben unterliegen, für die auch die Durchführung des Genehmigungsfreistellungsverfahrens nach § 61 in Betracht kommt. Im Unterschied zu diesen Vorhaben sollen die Vorhaben nach § 62 aber außerhalb eines Bebauungsplangebiets oder abweichend von den Festsetzungen des Bebauungsplans durchgeführt werden.

Bauordnungsrecht wird unbeschadet des § 65 im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht geprüft. Das insoweit in erster Linie in Betracht zu ziehende Abstandsflächenrecht ist durch die Neuregelung im Jahr 2004 so vereinfacht worden, dass seine Anwendung den am Bau Beteiligten in primärer Eigenverantwortung zugemutet werden konnte.

Geprüft wird daher nach Satz 2 Nummer 1 zunächst nur die Übereinstimmung mit den bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsbestimmungen der §§ 29 bis 38 BauGB. Abweichungen von sonstigem materiellen Bauplanungsrecht, beispielsweise das Erfordernis einer Ausnahme von einer Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB, sind (sofern kein eigenständiges Gestattungsverfahren vorgesehen ist, wie etwa in § 144 BauGB) nach § 66 Abs. 2 zu behandeln. Im Rahmen der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit sind die Belange zu überprüfen, die - soweit kein Bebauungsplan vorliegt - Auswirkungen auf das Einfügen eines Bauvorhabens im Sinne des § 34 BauGB beziehungsweise das Berührtsein öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB haben. Im unbeplanten Innenbereich betrifft dies insbesondere die unter dem Gebot der Rücksichtnahme zu beachtenden immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen sowie die Fragen der gesicherten Erschließung. Im Außenbereich spielen zusätzlich insbesondere Fragen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Wasserrechts und die Ziele der Raumordnung eine Rolle.

Satz 2 Nummer 2 bezieht die nach § 66 Abs. 1 und 2 Satz 2 beantragten Abweichungen in das Prüfprogramm ein. Damit wird klargestellt, dass über solche Abweichungen trotz des beschränkten Prüfumfangs auch zugleich im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren mitentschieden werden kann; davon bleibt aber die Beschränkung des Prüfprogramms grundsätzlich mit der Folge unberührt, dass es Sache des Bauherrn ist, diese Abweichungen im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren ausdrücklich zur Prüfung zu stellen, und nicht etwa die Bauaufsichtsbehörde das Bauvorhaben auf Abweichungen von nicht zum Prüfprogramm gehörigen Vorschriften zu untersuchen hat.

Satz 2 Nummer 3 bezieht in das Prüfprogramm andere, nicht von Nummern 1 und 2 erfasste, öffentlich-rechtliche Anforderungen ein, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird. Das heißt immer dann, wenn ein fachrechtliches Anlagenzulassungsverfahren für den Fall eines Baugenehmigungsverfahrens diesem (unter Zurücktreten der fachrechtlichen Gestattung) die Prüfung des materiellen Fachrechts zuweist. Zu den anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen, bei denen eine eigenständige Entscheidung wegen der Baugenehmigung entfällt oder ersetzt wird, gehören insbesondere die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§ 17 BNatSchG in Verbindung mit § 9 ThürNatG), Belange des Denkmalschutzes (§ 12 ThürDSchG) sowie bestimmte wasserrechtliche Belange (§ 79 des Thüringer Wassergesetzes) und straßenrechtliche Entscheidungen (§ 9 Abs. 2 des Fernstraßengesetzes, § 24 Abs. 2 des Thüringer Straßengesetzes).

Satz 3, wonach § 65 unberührt bleibt, enthält eine über eine bloße Klarstellung hinausgehende zusätzliche Regelung des bauaufsichtlichen Prüfprogramms hinsichtlich der Standsicherheit und des Brandschutzes - sei es durch die Bauaufsichtsbehörde selbst, sei es durch einen Prüfingenieur (als beliehenen Unternehmer). In diesen Fällen wird das Prüfprogramm um die jeweils der bauaufsichtlichen Prüfung unterworfenen Gegenstände erweitert.

Absatz 2 bestimmt, dass über dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren unterliegende Bauanträge grundsätzlich innerhalb von drei Monaten entschieden werden muss. Bei einer Überschreitung der Frist gilt der Bauantrag als genehmigt. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass insbesondere bei der Einbeziehung von Fachbehörden objektive Gründe eine fristgemäße Entscheidung nicht zulassen. Daher muss eine Verlängerung aus wichtigem Grund möglich sein. Entsprechend der Rechtsprechung und Literatur zu vergleichbaren Regelungen (beispielsweise § 4 BauGB) liegt ein wichtiger Grund nur bei besonderen Schwierigkeiten des konkreten Bauvorhabens vor. Eine allgemeine Arbeitsüberlastung, auch in Ferienzeiten, stellt dagegen keinen schwierigen Grund dar. Von der Verlängerung ist der Antragsteller zu informieren.


3. Verwaltungsvorschrift







B. Normauslegung


















Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 62.





© Prof. Dr. Sven Müller-Grune





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