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Thüringer Bauordnung [ThürBO]

Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune



§ 79
Beseitigung von Anlagen, Nutzungsuntersagung




(1) Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, kann diese Nutzung untersagt werden.

(2) Die Bauaufsichtsbehörde kann die Beseitigung einer Anlage auch dann anordnen, wenn diese nicht genutzt wird und zu verfallen droht und ein öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse an ihrem Erhalt nicht besteht.

Quelle










Kommentierung






A. Normgeschichte







1. Historie







2. Gesetzesbegründung


Absatz 1 Satz 1 erlaubt es der Bauaufsichtsbehörde, die teilweise oder vollständige Beseitigung von rechtswidrigen Anlagen zu verlangen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Eine Beseitigung lediglich formell rechtswidriger Anlagen wird allerdings regelmäßig nicht in Betracht kommen. Bei genehmigungsfähigen Anlagen stellt die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung eine Möglichkeit dar, auf andere Weise rechtmäßige Zustände herzustellen. Sind zu einem früheren Zeitpunkt materiell rechtmäßige Anlagen heute nicht mehr genehmigungsfähig, kommt wegen des mittlerweile eingetretenen Bestandsschutzes gleichwohl keine Beseitigungsverfügung in Betracht. Ebenso kommt eine Beseitigungsverfügung für eine Anlage nicht in Betracht, die zwar materiell rechtswidrig, gleichwohl aber genehmigt ist. Eine Beseitigungsverfügung wäre erst möglich, wenn zunächst die Baugenehmigung zurückgenommen oder widerrufen wird.

Satz 2 ermöglicht die Untersagung der Nutzung einer rechtswidrigen Anlage. Da eine Nutzungsuntersagung anders als eine Beseitigungsverfügung nur eine zunächst vorläufige Unterbindung eines Rechtsverstoßes bezweckt und nicht zur Substanzvernichtung führt, entspricht der Erlass einer Nutzungsuntersagung (erst Recht) regelmäßig einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung (sog. intendiertes Ermessen).

Sowohl für die Beseitigungsverfügung als auch für die Nutzungsuntersagung gilt, dass das öffentliche Interesse grundsätzlich das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände gebietet. Die Behörde macht daher im Regelfall von ihrem Ermessen in einer dem Zweck des Gesetzes entsprechenden Weise Gebrauch, wenn sie die Beseitigung rechtswidrig errichteter Anlagen anordnet oder deren unzulässige Benutzung untersagt, weil nur so die Rechtsordnung wiederhergestellt werden kann. Dem Ermessen in der Bestimmung ist deshalb die Tendenz eigen, die der Natur der Sache nach gebotene Pflicht zum Einschreiten zu verwirklichen. Das behördliche Ermessen wird durch die Norm nur eröffnet, um in Ausnahmefällen zu ermöglichen, von dem an sich gebotenen Einschreiten abzusehen, wenn dies nach den konkreten Umständen opportun ist (vgl. Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 27. Juni 1996, Az. 1 EO 425/95).

Absatz 2 ermöglicht die Beseitigung von rechtmäßig errichteten Anlagen, deren Zustand zwar noch nicht zu Gefahren für Dritte führen, die aber aufgrund des fortschreitenden Verfalls einen Missstand darstellen. Eine Beseitigung dieser Anlagen kann dann nicht verlangt werden, wenn sie noch genutzt werden oder ein öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse an ihrem Erhalt besteht. Öffentliche Interessen können sich insbesondere aus den Belangen des Denkmalschutzes oder aus städtebaulichen Gesichtspunkten (Vermeidung von Baulücken) ergeben. Ein privates Interesse kann gegeben sein, wenn eine spätere Nutzung beabsichtigt ist und der Eigentümer erkennbar entsprechende Vorbereitungen trifft.


3. Verwaltungsvorschrift


79.1 Grundsätzlich hat der Bauherr die Genehmigungsfähigkeit einer genehmigungspflichtigen Anlage zu belegen. Eine Baugenehmigung ist auch nur auf Antrag möglich. Stellt der Bauherr trotz entsprechender Hinweise keinen Bauantrag, besteht keine Möglichkeit, auf andere Weise als durch Beseitigung rechtmäßige Zustände herzustellen.

79.2 Ein öffentliches Interesse am Erhalt einer Anlage kann insbesondere bei unter Denkmalschutz stehenden oder im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung (§ 172 BauGB) vorhandenen Anlagen bestehen. Ein schutzwürdiges privates Interesse kann zu verneinen sein, wenn eine Anlage unter keinem Gesichtspunkt mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln einer Nutzung zugeführt werden kann.



B. Normauslegung


















Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 79.





© Prof. Dr. Sven Müller-Grune





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