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Urheberrecht


Fall 33 - CD-Rom


Der A-Verlag hat in seinem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in den Jahren 1981 bis 1983 mehrfach Fotografien des Fotografen F veröffentlicht. In dem zugrundeliegenden Vertrag heißt es, dass F dem A alle Rechte an den Bildern überträgt. Im Jahre 1999 entscheidet sich A dazu, die Ausgaben der Zeitschrift auch auf CD-ROM anzubieten. Hierzu werden auch die Jahrgänge seit 1981 digitalisiert. Als F hiervon erfährt, ist er entrüstet. Zum Zeitpunkt der Rechtseinräumung sei schließlich von einer Nutzung auf CD-ROM keine Rede gewesen. Die Nutzung seiner Fotos hätte daher seiner Zustimmung bedurft.

F möchte wissen, ob ihm gegen A ein Schadensersatzanspruch gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG zusteht.

Abwandlung:
Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn die Fotos in dem Nachrichtenmagazin in den Jahren 1995 bis 1997 veröffentlicht worden wären?



Lösung


A. Ausgangsfall

F könnte gegen A ein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG zustehen.

I. Voraussetzung hierfür ist zunächst ein urheberrechtlich geschütztes Werk i.S.v. § 2 UrhG. Wahrscheinlich handelt es sich bei den Fotos nur um Lichtbilder, nicht um Lichtbildwerke, die urheberrechtlichen Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG genießen würden. Auch für Lichtbilder gilt jedoch gem. § 72 Abs. 1 UrhG, dass diese in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften geschützt werden.

II. Fraglich ist, ob in die hieraus resultierenden Rechte des F widerrechtlich eingegriffen wurde. In der Digitalisierung der Fotos ist eine Vervielfältigungs- und Verbreitungshandlung i.S.d. §§ 16, 17 UrhG zu erblicken. Das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht des F ist hierdurch verletzt, wenn die von F eingeräumte Lizenz die weitere Veröffentlichung auf den CD-ROMS nicht erfasst hat. F hat dem A pauschal alle seine Rechte an den Bildern übertragen. Dies könnte bedeuten, dass auch eine Veröffentlichung auf CD-ROM hiervon erfasst sein soll. Bei der Verwertung eines Werkes auf CD-ROM handelt es sich jedoch um eine aus wirtschaftlicher und technischer Sicht erweiterte Anwendungs-möglichkeit und damit um eine selbstständig erscheinende Nutzungsart.
Nach § 31 Abs. 4 ist die Einräumung von Nutzungsrechten für im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bekannte Nutzungsarten unwirksam. F hat mit A Lizenzvereinbarungen in den Jahren 1981 bis 1983 getroffen. Zu dieser Zeit war die Digitalisierung in Teilbereichen bereits bekannt. So wurde die CD schon bereits 1983 auf den Markt eingeführt. Die CD-ROM-Entwicklung begann jedoch um einiges später. Als bekannt wird man diese Nutzungsart erst Mitte der 90er-Jahre ansehen dürfen. Gem. § 31 Abs. 4 UrhG ist daher die Einräumung der erforderlichen Rechte für diese Nutzungsart nicht möglich. Ein widerrechtlicher Eingriff in die Rechte des F ist damit zu bejahen.

III. Weiterhin müsste der Eingriff auch schuldhaft erfolgt sein. Hier könnte ein fahrlässiges Verhalten durch A vorliegen. An die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt werden dabei strenge Anforderungen gestellt. Bei einer unklaren Rechtsfrage wie hier die Frage, ob es sich bei der Nutzung auf CD-ROM um eine zu dem damaligen Zeitpunkt noch unbekannte Nutzungsart handelt, hätte sich A informieren müssen und handelte demzufolge fahrlässig.

IV. A kann daher seinen Schaden, vorzugsweise im Wege der Lizenzanalogie, gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG ersetzt verlangen.


B. Abwandlung

Auch hier kommt man zu dem Ergebnis, dass sich die erfolgte Rechtseinräumung nicht auf die CD-ROM-Nutzung erstreckt. Zwar ist nunmehr davon ausgehen, dass es sich bei der hier in Rede stehenden CD-ROM-Nutzung um eine im maßgeblichen Zeitpunkt bekannte Nutzungsart handelt, so dass § 31 Abs. 4 UrhG hier nicht greift. Eine ausdrückliche Rechtseinräumung hinsichtlich der CD-ROM-Nutzung fehlt jedoch, so dass hier auf § 31 Abs. 5 UrhG zurückzugreifen ist, der bestimmt, dass sich der Umfang der dem A eingeräumten Nutzungsrechte nach dem mit der Einräumung verfolgten Zweck bestimmt.
Durch diese Zweckübertragungslehre, die in § 31 Abs. 5 UrhG ihren Eingang ins Gesetz gefunden hat, wird zum Ausdruck gebracht, dass der Urheber in Verträgen über sein Urheberrecht im Zweifel Nutzungsrechte nur in dem Umfang einräumt, den der Vertragszweck unbedingt erfordert. Hierdurch wird die Tendenz verdeutlicht, dass urheberrechtliche Befugnisse soweit wie möglich beim Urheber verbleiben sollen, damit dieser in angemessener Weise an den Erträgnissen seines Werkes beteiligt wird.
Im Gegensatz zu einem wissenschaftlichen Autor, der an einer möglichst umfassenden und weitreichenden Veröffentlichung seiner Beiträge interessiert sein mag, ist der Fotograf, der seine Bilder einer Zeitschrift zur Veröffentlichung überlässt, auf sein Honorar angewiesen. Dementsprechend kann die Situation des Fotografen mit der eines wissenschaftlichen Autors nur bedingt verglichen werden. Während man nämlich davon ausgehen kann, dass sich der Zweck der Rechtseinräumung durch einen wissenschaftlichen Autor auch auf solche Nutzungen wie CD-ROM-Ausgaben richtet, muss bei einem Fotografen davon ausgegangen werden, dass er über eine Nutzung, die eine weitere Vergütung verspricht, auch gesondert verhandeln möchte. Daher erstreckt sich gem. § 31 Abs. 5 UrhG der Zweck der von F und A getroffenen Lizenzvereinbarungen nicht auf die Nutzung der Fotos in der CD-ROM-Ausgabe und ist auch hier als widerrechtlicher Eingriff in die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte des F anzusehen.





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