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Wirtschaftsprivatrecht II


Fall 39 - Lilien



Hobbygärtner G hat sich einen Schrebergarten zugelegt und auf den vielen Beeten ein wahres Blumenparadies geschaffen. Ein kleines übrig gebliebenes Fleckchen hat er sich jedoch vorbehalten, um auf diesem etwas ganz Besonderes zu pflanzen. G sucht daher am 15.4.2003 das Blumengeschäft des B auf, der eine ganz besondere Lilienart gezüchtet hat, von der auch nur 15 Exemplare existieren. Es wird ein Kaufvertrag über eine der Pflanzen geschlossen, ohne dass sich G für ein bestimmtes Exemplar entscheidet. Als Abholtermin wird der 22.4.2003 vereinbart. G trifft in dieser Woche sofort die nötigen Vorkehrungen. Er kauft einen gerade für diese Pflanze entwickelten Kunstdünger i.H.v. 15,- €. Als jedoch G an dem besagten Tag in dem Geschäft des B erscheint, muss er von diesem erfahren, dass das Gewächshaus, in dem sich alle Lilien befanden, am Vortag dem Feuer, welches auf ein fahrlässiges Verhalten des B zurückzuführen ist, zum Opfer gefallen sind.

Welche Ansprüche hat G gegen B und B gegen G?



Lösung


1. Ansprüche G gegen B

a) G könnte gegen B einen Anspruch auf Übereignung einer Lilie gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB haben.
Ein wirksamer Kaufvertrag ist zwischen den Parteienzustande gekommen. Ein Anspruch ist daher entstanden.
Der Anspruch dürfte jedoch nicht gem. § 275 Abs. 1 BGB untergegangen sein. Ein Schuldverhältnis liegt vor. Weiterhin müsste die aus dem Vertrag resultierende Leistung unmöglich geworden sein. Der Vertrag beinhaltete als Leistung die Übereignung der Lilie (§ 929 S. 1 BGB). Es wurde hier nicht die Übereignung einer bestimmten Lilie vereinbart. Aufgrund dessen handelt es sich hier um eine Gattungsschuld. Es stellt sich daher die Frage, ob sich das Schuldverhältnis gem. § 243 Abs. 2 BGB auf eine bestimmte Sache beschränkt hat. Um eine solche Konkretisierung herbeizuführen, müsste der Schuldner das seinerseits Erforderliche getan haben. Ob er das seinerseits Erforderliche getan hat, hängt von der Art der Schuld ab. Zwischen G und B war die Abholung der Lilie, also eine Holschuld vereinbart. Bei der Holschuld tritt Konkretisierung ein, wenn der Schuldner die Sache ausgesondert und den Gläubiger über die Abholmöglichkeit informiert hat. Zwar wurde hier ein Abholtag vereinbart, B hat aber keine der Lilien ausgesondert. Demnach ist hier keine Konkretisierung eingetreten.

Eine Unmöglichkeit wäre aber zu bejahen, wenn die gesamte Gattung, aus der der Schuldner leisten soll, nicht mehr existiert. Da alle von B gezüchteten Lilien dem Brand zum Opfer fielen, existiert die gesamte Gattung nicht mehr. Demnach liegt hier eine objektive Unmöglichkeit vor. Der Anspruch ist daher gem. § 275 Abs. 1 BGB untergegangen. G hat daher keinen Anspruch gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB.

b) G könnte gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung i.H.v. 15,- € gem. § 280 Abs. 1, 3 BGB, § 283 S. 1 BGB haben.
Voraussetzung ist zunächst das Vorliegen eines Schuldverhältnisses. Hier wurde zwischen den Parteien ein Kaufvertrag geschlossen. Weiterhin müsste B von seiner Leistung gem. § 275 Abs. 1 bis 3 BGB befreit sein. Wie bereits festgestellt wurde ist hier eine objektive Unmöglichkeit der Leistung gegeben. Zudem muss es sich hierbei um eine nachträgliche Unmöglichkeit handeln (Rückschluss aus § 311a Abs. 2 BGB i.V.m. Abs. 1 BGB). Hier trat die Unmöglichkeit erst nach Vertragsschluss ein, war somit nachträglich.

Ferner müssten die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB vorliegen. Das bedeutet zunächst, dass der Anspruchsgegner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt haben muss, § 280 Abs. 1 S. 1 BGB. Aus dem Kaufvertrag resultiert die Pflicht des Schuldners B, die Kaufsache zu übereignen, § 929 S. 1 BGB. B hat die Pflanze jedoch nicht übereignet, es fehlt also an der Erfüllung der primären Leistungspflicht. Die Pflichtverletzung liegt im reinen Nichtleisten. Also hat der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Des Weiteren müsste der Schuldner die Nichtleistungzu vertreten haben, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Das Vertretenmüssen bemisst sich grundsätzlich nach den § 276 BGB, § 278 BGB. Es wird angenommen, soweit sich der Schuldner nicht exkulpieren kann. C hat den Brand fahrlässig verursacht und somit die Lilie fahrlässig zerstört. Gem. § 276 BGB hat er somit die Nichtleistung zu vertreten.

Rechtsfolge ist der Ersatz des Schadens, der dem Gläubiger durch diese Pflichtverletzung entstanden ist. Fraglich ist daher, ob der Kauf des speziellen Kunstdüngers für G einen Schaden bedeutet. Schaden ist jedes unfreiwillige Vermögensopfer. Bei den Kosten für den Dünger handelt es sich jedoch um freiwillige Ausgaben. Also hat G keinen Schaden erlitten. Ein Anspruch gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 S. 1 BGB steht dem G daher nicht zu.

c) G könnte gegen B einen Aufwendungsersatzanspruch i.H.v. 15,- € gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283, 284 BGB haben. Hierfür müssten zunächst alle Voraussetzungen einesSchadensersatzanspruchs statt der Leistung – mit Ausnahme eines ersatzfähigen Schadens – vorliegen. Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch (hier aus §§ 280 Abs. 1,Abs. 3, 283 S. 1 BGB) sind – bis auf den ersatzfähigen Schaden gegeben.
Des Weiteren müsste der Anspruchsteller Aufwendungen im Sinne des § 284 BGB gemacht haben. Die Investition in den Kunstdünger ist ein freiwilliges Vermögensopfer, also eine Aufwendung. Dadurch, dass G darauf vertraut hat, die Pflanze werde an ihn übereignet, hat er den speziellen Kunstdünger gekauft. Insofern hat G die Aufwendungen billigerweise im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht. Ein Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs gem. § 284 a.E. ist nicht ersichtlich. G hätte den Dünger nutzen können, wenn B die Pflanze übereignet hätte. Also sind die Voraussetzungen des Anspruchs gegeben. G kann also von B gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283, 284 die 15,- € ersetzt verlangen.

2. Ansprüche B gegen G
B könnte gegen G einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gem. § 433 Abs. 2 BGB haben. Ein wirksamer Kaufvertrag liegt vor. Daher ist auch ein Anspruch entstanden. Er könnte jedoch gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB untergegangen sein. Dies ist der Fall, wenn ein gegenseitiger Vertrag vorliegt und der Schuldner nicht nach § 275 Abs. 1 BGB zu leisten braucht. Wie bereits festgestellt wurde, ist hier die Leistung aus dem Kaufvertrag – also einem gegenseitigen Vertrag - gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden. Also ist der Anspruch gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB erloschen.













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