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Wirkungsweise europäischer Institutionen


A. Organe der EU
Nach geringfügigen Änderungen im Rahmen des Lissabon-Vertrages können die Organe der EU wie folgt dargestellt werden:

 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/EuroparechtInstitutionen/eurecht_organe.png)

1. Allgemeines
Insgesamt ist das Gleichgewicht zwischen den einzelnen Organen der EU nicht über Gewaltenteilung im klassischen Sinne (Legislative, Exekutive und Judikative) realisiert. Legislativ- und Exekutivaufgaben sind jeweils auf verschiedene Organe verteilt und einige Organe nehmen gleichzeitig Aufgaben der Legislative und Exekutive wahr. Das System von "checks and balances" ist im Prinzip der begrenzten Ermächtigung der EU begründet.

2. Europäischer Rat
Der Europäische Rat wurde mit dem Vertrag von Lissabon formell in den Kreis der Organe der Europäischen Union aufgenommen (vorher fand in seinem Rahmen die sog. intergouvernementale Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten statt). Zugleich wurde seine Zusammensetzung geändert.

3. Europäisches Parlament
Auch die Stellung des Europäischen Parlaments wurde gestärkt, insbesondere durch das Recht der Wahl des Präsidenten des Kommissionspräsidenten. Im Übrigen bleibt das Parlament nur eingeschränkt das Rechtsetzungsorgan der Union, weil ein Teil der entsprechenden Kompetenzen dem Rat zusteht.

Die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments ist direkt und proportional, jedoch erfolgt nach wie vor in einer Weise, die durch die Aufteilung der Stimmen auf einzelne Länder ungleich ist.

4. Rat
Der Rat setzt sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten auf Ministerialebene zusammen. Dabei dürfen für Deutschland auch Landesminister auftreten, weil das Erfordernis eines Ministers auf Ebene der Zentralregierung nicht besteht. Details zur Beschlussfassung im Rat regeln Art. 16 EUV und Art. 238 AEUV.

Mit dem Lissabonvertrag soll der Rat - nach wie vor zentrales Rechtsetzungsorgan der EU - verschiedene Formationen aufweisen, also nicht mehr einheitliches Organ sein. Die Palette der unterschiedlichen Formationen kann durch den Europäischen Rat um neue erweitert werden. Die Gewichtung der Stimmen ist noch bis maximal 2017 vorgesehen, danach sollen einzelnen Ländern je eine Stimme zustehen, die dann für das Zustandekommen der Beschlüsse durch Anforderungen an die Bevölkerungszahlen in abstimmenden Ländern flankiert werden - vgl. zu Details Art. 238 ff. AWEU. Bis 2014 und 2017 gelten Übergangsfristen.

Neben Rechtsetzungskompetenzen nimmt der Rat auch Exekutivaufgaben wahr.

5. Europäische Kommission
Die Anzahl der Mitglieder der Kommission sollte infolge des Vertrages von Lissabon ab 2014 auf 2/3 der Mitglieder der EU begrenzt werden, was jedoch der bisherigen Regelung (1 Mitglied pro Mitgliedsland der EU) im Rahmen eines Kompromisses gegenüber Irland weichen musste.

Auch wenn die Kommission primär die Verwaltung der EU darstellt und damit der vollziehenden Gewalt angehört, hat sie zahlreiche Initiativkompetenzen bei der Rechtsetzung und kann auch praktisch autonom Rechtsakte erlassen.

6. Sonstige
Zu Organen der EU zählen darüber hinaus:
    • EZB
    • Gerichtshof
    • Rechnungshof
Neben den eigentlichen Organen hat die EU (ebenso, wie es die EG hatte) eine Reihe von Institutionen, die keinen Rang eines Organs haben, jedoch viele institutionelle Funktionen innerhalb der Organisation einnehmen.


B. Rechtsquellen und Rechtsetzung
S. 151 ff. (Rechtsquellen) und S. 138-151 (Rechtsetzung)
Das europäische Recht besteht aus einer Reihe völkerrechtlich bzw. autonom im Rahmen der supranationalen Organisation, der EU, erlassener Normen. Ungeachtet der teils umstrittenen Rechtsnatur dieser Normen entfalten sie Wirkung nicht nur für die europäischen Institutionen selbst, sondern auch für Mitgliedstaaten der EU sowie ihre Bürger und sonstigen Rechtssubjekte.

1. Primärrecht
Mit den Gründungsverträgen der EU ist eine Rechtsordnung entstanden (Primärrecht), die inhaltlich eine Art Verfassung der EU darstellen, ohne dass hierbei diese Bezeichnung nicht genutzt wird. Jedoch ermächtigt das Primärrecht die europäischen Institutionen autonomes Recht zu schaffen, das zur detaillierteren Regelung der Rechtsmaterie führt und zur Fortentwicklung des EU-Rechts beiträgt. Die durch EU erlassenen Rechtsakte sind das sog. Sekundärrecht, welches ebenfalls Rechtsquelle sowohl für die EU selbst wie für Mitgliedstaaten und alle Rechtssubjekte in den Mitgliedstaaten ist.

2. Einzelne Arten von Rechtsakten des Sekundärrechts in der EU
Gem. Art. 288 I AWEUV erfolgt die Rechtsetzung in der EU in folgenden rechtlichen Formen:
    • verbindliche Verordnung, Richtlinie und Entscheidung,
    • unverbindliche Empfehlungen und Stellungnahmen.
Vgl. auch folgende Übersicht:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/EuroparechtInstitutionen/eurecht_rechtsakte_1.png)

3. Wirkung der EU-Rechtsakte in den Mitgliedstaaten
Sowohl bei einer Verordnung wie auch bei einer Entscheidung ist ihre Wirkung in den Mitgliedstaaten unproblematisch: die Mitgliedstaaten müssen die einzelnen, in diesen Rechtsakten enthaltenen Anordnungen bedingungslos befolgen. Diese Rechtsakte und die in ihnen enthaltenen Normen gelten unmittelbar in den Mitgliedstaaten. Sobald also z. B. eine Verordnung der EU in Kraft getreten ist (Beispiele: Verodnung über den Europäischen Vollstreckungsbescheid, Verordnung über die Europäische Gesellschaft) sind ihre Regelungen geltendes Recht auf dem Gesamtgebiet der EU.

a. Besonderheiten bei Anwendung von Richtlinien
S. 160-170
Eine Besonderheit stellt die - insbesondere bei Harmonisierung des Rechts genutzte - Richtlinie dar. Sie ist nach Art. 288 III AWEUV für die Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Ziele verbindlich. Sie bedürfen demzufolge einer einzelstaatlichen Umsetzung, wobei die Adressaten die Art und Weise der Umsetzung grundsätzlich frei bestimmen können, sofern sie die Vorgaben der Richtlinien nicht verletzen. Aus diesem besonderen Charakter von Richtlinien hat sich bereits frühzeitig eine Reihe von Problemen ergeben, die in den Jahrzehnten der Existenz des Europarechts durch das Rechtsprechungsorgan - den EuGH - schrittweise aufgeklärt wurden.
Zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien vgl. folgende Beispiele:
- Becker / FA Münster, EuGH Rs. 8/81, Streinz Rn. 443
- OLG Celle, EuZW 1990, 550 ff., Streinz Rn. 443

Aus den Richtlinien ergibt sich die Pflicht der Mitgliedstaaten, die Vorgaben der Richtlinie vollständig, genau und innerhalb der Frist ins nationale Recht umzusetzen. In der Praxis stellt sich jedoch häufig sie Frage, welche Folgen in dem Fall eintreten, dass eine Richtlinie nicht, nicht rechtzeitig oder nicht richtig umgesetzt wurde. Der EuGH bejaht in solchen Fällen entgegen dem Wortlaut des Art. 288 III AWEUV unmittelbare Wirkung der Richtlinien. Unter welchen Voraussetzungen dies im Detail möglich ist, zeigt folgende Struktur. Es ist dabei zu beachten, dass die unmittelbare Anwendung einer Richtlinie nur dann zulässig ist, wenn dadurch keine privaten Rechtssubjekte belastet werden. Deshalb kommen für diese Lösung nur Konstellationen in Betracht, in denen sich der Einzelne gegen den Staat wendet oder eine rein objektive Rechtsnorm (keine Rechtspositionen Einzelner begründende) betroffen ist. Mit anderen Worten ist die Drittwirkung der (nicht umgesetzten) Richtlinien durch den EuGH abgelehnt worden.

In der Rechtsprechung des EuGH wird die unmittelbare Anwendung von Richtlinien durch zwei weitere Rechtsinstitute der Durchsetzung europäischen Rechts flankiert. Ist eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie auf den Sachverhalt ausgeschlossen, weil dadurch z. B. eine Drittbelastung einher ginge, kommen zwei Lösungen in Betracht:
      • richtlinienkonforme Auslegung, (vgl. EuGH Rs. 14/83, von Colson und Kamann)
      • Schadensersatzanspruch des Einzelnen gegen den Staat, der die Umsetzungspflicht verletzt hat (zum Aufbau vgl. diese Struktur).

Zusammenfassende Übersicht zur unmittelbaren Anwendung von Richtlinien:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/EuroparechtInstitutionen/eurecht_rechtsakte_2.png)

b. Anwendungsvorrang des EU-Rechts
S. 95-103
Das EU-Recht ist im Verhältnis zum gesamten nationalen Recht vorrangig anzuwenden. Dieser sog. Anwendungsvorrang (im Gegensatz zum nicht anerkannten Geltungsvorrang) führt nicht dazu, dass einzelne nationale Normen außer Kraft gesetzt werden, sondern dass sie im Falle einer Kollision mit Recht der EU nicht anzuwenden sind. In solchen Fällen ist allein das europäische Recht anzuwenden. Andernfalls wäre die vereinheitlichende, Grenzen abbauende Wirkung der EU gar nicht denkbar.
Eine Nebenfolge des Anwendungsvorrangs, der die kollidierenden nationalen Normen im Übrigen unberührt lässt (das wäre im Falle des Geltungsvorrangs anders) ist, dass es zur sog. Inländerdiskriminierung kommen kann. Dies liegt daran, dass rein nationale Sachverhalte nach wie vor ausschließlich am nationalen Recht gemessen werden und Inländer sich meist mangels grenzüberschreitenden Bezugs nicht auf EU-Recht berufen können.
Der Anwendungsvorrang ist in Deutschland auch verfassungsrechtlich durch das BVerfG ausdrücklich anerkannt und im Wesentlichen mit dem Rechtsanwendungsbefehl des Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG begründet worden.


4. Verfahren der Rechtsetzung
S. 138 - 151

5. Vollzug des Unionsrechts


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