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aktuelles Dokument: EnergieKartellRecht
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Energiekartellrecht

mit besonderer Berücksichtigung des europäischen Wettbewerbsrechts

in Bearbeitung

A. Überblick über die Thematik
Unter dem Begriff des Kartellrechts können traditionell alle Rechtsbereiche zusammengefasst werden, die sich mit Sachverhalten der Konzentration von Marktmacht befassen. Die für den Markt besonders schädlichen Erscheinungen sind demnach verboten, andere werden kontrolliert oder durch spezielle Normen flankiert, die zu einem Ausgleich der unerwünschten Konstellationen führen sollen. Insgesamt können im Bereich des Kartellrechts in etwa folgende Teilbereiche identifiziert werden:
  • Kontrolle von Zusammenschlüssen,
  • Kooperationen,
  • Missbrauchskontrolle,
  • Einschränkungen und Kontrolle staatlicher Beihilfen,
  • Vergaberecht.
Diese Regelungskomplexe finden sich auch in der Energiewirtschaft wieder. An dieser Stelle werden allerdings nicht alle kartellrechtlich relevanten Fragen behandelt, sondern lediglich die zwei erstgenannten - Kontrolle von Zusammenschlüssen sowie die Kontrolle der Ausübung der Marktmacht (Missbrauchskontrolle). Ein besonderer Fokus wird dabei auf Regelungen des EU-Rechts gerichtet. Rechtsfragen staatlicher Beihilfen sowie des Vergaberechts in der Energiewirtschaft sind Gegenstand separater Artikel.

B. Vorfrage: Relevante Märkte / Marktabgrenzung

1. Marktabgrenzung auf europäischer Ebene

a. sachliche
Bedarfsmarktkonzept: Substituierbarkeit.
Die sachliche Marktabgrenzung umfasst alle Waren oder Dienstleistungen, die von den Abnehmern hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Preise hinsichtlich ihres Verwendungszwecks als austauschbar angesehen werden.[1]

Strom
Marktstufen in Bezug auf:
      • Übertragung / Verteilung - Problem: natürliche Monopole, insofern kein Wettbewerb findet hier statt, d. h. es sind keine richtigen Märkte,
      • Erzeugung + Großhandel sieht die Kommission als einen, gemeinsamen Markt;
      • Regelenergie - separater Markt im Zusammenhang mit Netzbetrieb;
      • Einzelhandel - hier unterscheidet die Kommission zwischen:
        • Großabnehmern,
        • Kleinkunden.


Gas
Marktstufen:
      • Großhandel:
      • Lagerung,
      • Übertragung / Verteilung (Monopol!)
      • Einzelhandel:
        • Großkunden
          • Industrie
          • Kraftwerke
          • im Übrigen: H- und L-Gas
        • Haushalte


b. räumliche
Bedeutet: homogene Wettbewerbsbedingungen auf einem Gebiet. Möglich sind:
      • lokale,
      • regionale,
      • nationale,
      • gemeinschaftsweite
Im Strombereich sind meist die nationalen Grenzen auch Grenzen für Märkte. Für Regelenergie bezieht sich die Kommission auf die Ausdehnung der jeweiligen Netze (Regelzonen?).

Bei Gas gelten auf jeden Fall die Landesgrenzen im Großhandel. Im Einzelhandel sind auch rein regionale Märkte denkbar, auf jeden Fall nur innerhalb der nationalen Grenzen.

C. Zusammenschlüsse

1. Europäisches Recht
VO 139/2004, FKVO

a. Gemeinschaftsweite Bedeutung - Zuständigkeit der EU Kommission
Wann die EU - Kommission zuständig ist, entscheidet sich nach den Kritierien des Art. 1 Abs. 2 und 3 FKVO und der darin enthaltenen Schwellenwerte.[2] Liegen die Umsätze der Unternehmen überhalt dieser Schwellenwerte, ist die EU - Kommission ausschließlich zuständig, den Mitgliedern ist es dann nicht mehr erlaubt, ihr nationales Wettbewerbsrecht einzusetzen.[3]
Auf Antrag, gemäß Art. 4 Abs. 4 FKVO, können Unternehmen beantragen, dass der Zusammenschluss von dem Mitgliedstaat geprüft werden soll, in dessen Markt der Zusammenschluss erfolgt.[4] Andersherum kann ein Unternehmen, welches in mindestens 3 Mitgliedstaaten wettbewerblich geprüft werden kann gemäß Art. 4 Abs. 5 FKVO einen Antrag stellen von der EU - Kommission geprüft zu werden.[5]

b. Zusammenschluss zu verbieten?
Bzw. unter Auflagen / insgesamt zu genehmigen.
Die Frage, ob ein gemeinschaftsweiter Zusammenschluss wegen Begründung oder Verstärkung einer Stellung im gemeinsamen Markt unvereinbar ist, bestimmt sich nach den Kriterien des Art. 2 FKVO.[6]
Während die Schwellenwerte gemäß Art. 1 Abs. 2 und 3 FKVO bestimmen, ob ein Zusammenschluss gemeinschaftsweite Bedeutung hat (Aufgreifkriterien), regelt Art. 2 FKVO die so genannten Eingriffskriterien.[7]

c. Welche Sachverhalte sind anzumelden
Grundsätzlich sind Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung (s.o.) nach Vertragabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder der Erwerb einer die Kontrolle begründende Beteiligung und vor Vollzug des Zusammenschlusses bei der europäischen Kommission anzumelden.[8] Sofern der Zusammenschluss zu einer gemeinschaftsweiten Bedeutung führt, ist es auch möglich die Anmeldung durch eine Glaubhaftmachung (zB.: Absichtserklärung) bei der europäischen Kommission anzumelden.[9]

d. Prozedur der Fusionskontrolle / Verfahren
Hier zu beachten: Art. 6 FKVO

Unterteilung in:

Vorprüfverfahren
    • wird durch Anmeldung ausgelöst gem. Art. 6 Abs. 1 FKVO
    • Dauer gemäß Art. 10 Abs. 1 FKVO: 25 Tage

Hauptprüfverfahren
    • Sachverhalt fällt unter FKVO und Vorliegen von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c)
    • Dauer gemäß Art. 10 Abs. 3 FKVO grundsätzlich: 90 Tage

2. Nationales Recht

a. Zuständigkeit BKartA, § 35 GWB, wenn nicht nach § 35 Abs. 3 GWB ausgeschlossen

b. Zusammenschluss zu verbieten?
§ 36 GWB

Im Übrigen: s. o.


D. Kooperationen
Art. 101 AEUV und §§ 1 ff. GWB

1. Europäische Ebene

a. Ist eine Vereinbarung / ein Vorgehen verboten?
Folge: Art. 101 II AEUV - Die nach Absatz 1 verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig -

Kriterien: Art. 101 I AEUV

b. Möglichkeit einer Freistellung
Vgl. Art. 101 III AEUV

c. Zuständigkeit und Abgrenzung zwischen nationalen und europäischen Behörden?
Beachtung der Zwischenstaatlichkeitsklausel: D.h. es muss ein Mindestmaß an grenzüberschreitender Ausßwirkung innerhalb der Gemeinschaft entfaltet werden, damit eine europäische Zuständigkeit begründet ist.[10]

d. Verfahren der Überprüfung?

2. Nationale Ebene

a. Ist eine Vereinbarung / ein Vorgehen verboten?
Gem. § 1 GWB

Im Übrigen: s. o.

E. Missbrauchskontrolle


1. europäische Ebene
Art. 102 AEUV

a. Liegt eine missbräuchliche Ausnutzung der beherrschenden Stellung auf dem Markt vor?

Regelbeispiele (Art. 102 UA 2 AEUV)

Generalklausel (Art. 102 UA 1 AEUV):
      • marktbeherrschende Stellung
        • auf dem Binnenmarkt
        • auf einem wesentlichen Teil des Binnenmarktes

      • missbräuchliche Ausnutzung
      • durch ein oder mehrere Unternehmen
      • Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten möglich


b. Abgrenzung zum nationalen Recht - Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten


2. nationale Ebene
§§ 19, 20, 29 GWB

a. Liegt Missbrauch vor
- Verbot: Ausnutzung der Marktbeherrschenden Stellung
      • Regelbeispiele: § 19 Abs. 2 GWB




F. Literatur
- Klees, Energiewirtschaftsrecht Kap. 3, komplett.
- Gussone/Theobald, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 6.
- Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kap. 9, Rn. 33 ff.
- Bruhn, in: Vgl.: Bruhn, in: Danner/Theobald, Energierecht, C.H. Beck Verlag, 83 EL 2015, Einführung zu den Artikel 101 und 102 AEUV


[1] Vgl.: Abl. der EU C 130/01 vom 19.05.2010, S. 19, (88)
[2] Vgl.: Gussone/Theobald, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, C.H. Beck Verlag, 4. Auflage 2013, Rn. 34
[3] Vgl.: Gussone/Theobald, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, C.H. Beck Verlag, 4. Auflage 2013, Rn. 34
[4] Vgl.: Gussone/Theobald, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, C.H. Beck Verlag, 4. Auflage 2013, Rn. 37
[5] Vgl.: Gussone/Theobald, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, C.H. Beck Verlag, 4. Auflage 2013, Rn. 39
[6] Vgl.: Gussone/Theobald, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, C.H. Beck Verlag, 4. Auflage 2013, Rn. 48
[7] Vgl.: Gussone/Theobald, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, C.H. Beck Verlag, 4. Auflage 2013, Rn. 48
[8] Vgl.: Gussone/Theobald, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, C.H. Beck Verlag, 4. Auflage 2013, Rn. 81
[9] Vgl.: Gussone/Theobald, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, C.H. Beck Verlag, 4. Auflage 2013, Rn. 81
[10] Vgl.: Bruhn, in: Danner/Theobald, Energierecht, C.H. Beck Verlag, 83 EL 2015, Einführung zu den Artikel 101 und 102 AEUV, Rn. 33 f.
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