Wissensdatenbank Wirtschaftsrecht

aktuelles Dokument: FallBriefAufUmwegen
image4
image3
image2
image1
 Alle Kategorien:
  Forschungsdatenbank
  Lehrveranstaltungen
  Lexikon
  Literatur
  Rechtsgebiete
  Rechtsprechung
  Service
  Studium F H S
  Wissensmanagement
ich war hier: FallBriefAufUmwegen

Version [8982]

Dies ist eine alte Version von FallBriefAufUmwegen erstellt von WojciechLisiewicz am 2010-12-09 13:10:36.

 

Fall: Brief auf Umwegen


A. Sachverhalt
Jung (J) begibt sich am 10.10.2010 zum Antiquitätenhändler Alt (A) und fragt, ob A für ihn einen bestimmten antiken Tisch mit 6 Stühlen aus dem 18. Jahrhundert besorgen könnte. J hätte viel Geld, aber kaum Zeit, seine Wunschmöbelstücke selbst zu suchen. Dabei zeigt J auch ein entsprechendes Bild.

A kann den Wunsch des J nicht aus seinem Bestand erfüllen, er meint aber, dass er dies für 3.200,- EUR inklusive aller Kosten in Auftrag nehmen könnte. J verabschiedet sich mit der Aussage, dass er bis zum 31.10. warten und sich danach anderweitig umsehen werde.

A findet die Möbel und hat sie bereits am 21.10.2010 bei sich stehen. Er schreibt den J mit einem Einschreiben am gleichen Tag an mit der Aussage, dass J die Möbel für 3.100,- EUR abholen könne - sogar unter dem vereinbarten Preis. Der Brief des A gelangt jedoch infolge einer Störung im Verteilzentrum der Post zwischen Steuerräder einer Sortiermaschine und wird zerrissen, wodurch sich die Zustellung um einiges verzögert. Am 30.10.2010 soll der durch die Post umverpackte und zusammengeklebte Brief inklusive eines Entschuldigungsschreibens zugestellt werden. J wird aber in seiner Wohnung nicht angetroffen, weshalb er lediglich einen Abholschein für ein Einschreiben vorfindet. Er holt den Brief erst am 02.11.2010 ab und wundert sich über die Verpackung, das Schreiben der Post und den zerrissenen Brief des A. Im Entschuldigungsschreiben der Post liest er, dass der Brief an sich bereits am 23.10. bei ihm angekommen wäre, aber durch die Umstände nun alles länger gedauert hat.

J kümmert sich nicht mehr um die Angelegenheit, weil er davon ausgeht, dass in diesem Fall A Pech gehabt hat, wenn sein Brief zu spät angekommen ist.

Nach einiger Zeit meldet sich A bei J und verlangt Bezahlung der Möbelstücke und Abholung.

B. Frage
Darf er das?


C. Musterlösung
A könnte gegen J einen Anspruch auf Zahlung von 3.100,- EUR sowie Abholung der Möbel gem. § 433 Abs. 2 BGB haben. Voraussetzung dafür ist, dass der Anspruch erworben, nicht verloren wurde und durchsetzbar ist.

Den Anspruch könnte A durch einen wirksamen Kaufvertrag mit dem J gem. § 433 BGB erworben haben.

Zwischen A und J könnte ein Vertrag zustande gekommen sein. Ein Vertrag wird durch Angebot und Annahme geschlossen, wobei diese Willenserklärungen inhaltlich übereinstimmen müssen und die Annahme nur dann erfolgen kann, wenn der Antragende an sein Angebot (noch) gegeben ist.

1. Angebot
Zunächst ist zu prüfen, ob hier ein verbindliches Angebot vorliegt. Dafür müsste eine der Parteien gegenüber der anderen eine Willenserklärung abgegeben haben, die dem Adressaten zugegangen ist und inhaltlich alle Bestandteile eines Angebotes i. S. d. § 145 BGB enthält.

J könnte gegenüber A ein Angebot am 10.10. abgegeben haben, indem er erklärte, dass er einen antiken Tisch mit 6 Stühlen kaufen möchte. Bei dieser Erklärung fehlt allerdings die Angabe des Kaufpreises, so dass darin kein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages gesehen werden kann.

A könnte J ein Angebot über Lieferung der Möbel für 3.200,- EUR gemacht haben. A sagte, dass er für 3.200 EUR den Auftrag ausführen könnte. Dies ist eine Willenserklärung. Es ist auch eine Erklärung, welche den Kaufpreis und den Kaufgegenstand hinreichend genau bestimmt. Die Erklärung ist auch durch A abgegeben und dem J zugegangen. Damit liegt seitens des A ein Angebot gem. § 145 BGB vor.

2. Annahme durch J
J ist mit dem Vorschlag des A einverstanden. Damit hat J das Angebot des A angenommen.

3. Annahmefähigkeit des Angebotes
J hat das Angebot sofort mündlich angenommen. Damit wurde das Angebot zu einem Zeitpunkt angenommen, in welchem es noch bindend war.

4. Übereinstimmung
Die Erklärungen der Parteien könnten auch übereinstimmend sein. In seiner Annahmeerklärung gibt J dem A allerdings nur bis zum 31.10. Zeit, die Möbel zu besorgen. Ansonsten würde er sich anderweitig umsehen. Somit erweitert er das Angebot um eine Frist. Es liegt also keine Übereinstimmung sondern eine Annahme unter Erweiterungen bzw. Einschränkungen vor. Sie kann nur als ein neues Angebot i. S. d. § 150 Abs. 2 BGB angesehen werden. Voraussetzung für den Vertragsschluss auf diesem Wege wäre, dass eine erneute Annahme erfolgt, ferner Annahmefähigkeit und Übereinstimmung vorliegen.

5. Annahme seitens A
Eine abweichende Betrachtung, dass A bereits beim Gespräch am 10.10. angenommen hat und dadurch ein Vertrag unter der Bedingung (bzw. genauer: Zeitbestimmung, § 158 Abs. 1 BGB und § 163 BGB) geschlossen wurde, dass A bis zum 31.10. definitiv zusagt, ist vertretbar. Dann müsste weiter geprüft werden, ob die Zeitbestimmung eingehalten wurde - andernfalls wäre das Geschäft unwirksam!
A könnte das (neue) Angebot des J mit seinem Schreiben vom 21.10. angenommen haben. Dafür müsste er eine Willenserklärung abgegeben haben, welche eine uneingeschränkte Zustimmung zum Angebot des J darstellte und die dem J zugegangen wäre.

A hat in seinem Schreiben erklärt, dass er die Möbel für J besorgt habe und nun J die Möbel abholen könne. Dies ist eine Willenserklärung. Mit Versendung des Schreibens hat A die Erklärung abgegeben. Spätestens in dem Augenblick, in welchem J den Brief (am 2. 11.) liest, ist ihm die Erklärung des A zugegangen.

Damit liegt eine Annahme seitens A vor.

6. Annahmefähigkeit des Angebotes des J (bei Annahme durch A)
Es ist fraglich, inwiefern die Annahme durch A überhaupt erfolgen konnte. Ein Angebot ist annahmefähig, wenn die ANnahme rechtzeitig erfolgt und keine sonstigen Gründe vorliegen, die gegen die Bindung des Antragenden an seinen Antrag gegeben sind.



D. Lösungshinweise
Diese Seite wurde noch nicht kommentiert.
Valid XHTML   |   Valid CSS:   |   Powered by WikkaWiki