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Version [7101]

Dies ist eine alte Version von FallGeliehenesBuchVerkauft erstellt von WojciechLisiewicz am 2010-05-21 16:34:56.

 

Fall: Geliehenes Buch verkauft


A. Sachverhalt
Studentin Freundlich (F) leiht ihrem Freund Grob (G) ein Lehrbuch zum öffentlichen Recht. Als der Studienkollege des G, Schlau (S) das Buch neugierig bei G betrachtet fragt ihn G, ob er es nicht zum Sonderpreis kaufen möchte, weil er, G, das Buch gerade für und im Namen der F verkaufen soll. Er legt also offen, dass das Buch der F gehört.

Nachdem nach kurzer Verhandlung ein Preis in Höhe von 15 EUR fest steht, nimmt S das Buch mit. Nach 4 Monaten möchte F ihr Buch zurück, G kann es jedoch nicht zurückgeben. Nach einigen ausweichenden Antworten erzählt G schließlich, dass er es an S verkauft hatte.

F überlegt nun, ob sie dem G eine Tracht Prügel verpassen oder lieber ihre Ansprüche gegen G bzw. gegen S geltend machen sollte.

B. Frage
Wie ist die Rechtslage?



C. Lösungshinweise

1. Übersicht der Anspruchsgrundlagen und Einstieg
Die Komplexität dieses Falles besteht in erster Linie darin, dass der recht simple Sachverhalt, allerdings mit einer sehr umfassenden Fragestellung ("Wie ist die Rechtslage?") eine Reihe von denkbaren, teilweise durch das Verhalten des Anspruchstellers erst bedingten Ansprüchen mit sich bringt. Deshalb ist es zunächst einmal sinnvoll, die Ansprüche zu sortieren in:
    • Ansprüche der F gegen G und
    • Ansprüche der F gegen S.
In der jeweiligen Gruppe muss dann entsprechend der üblichen Systematik aller Anspruchsgrundlagen überlegt werden, ob
    • vertragliche,
    • vertragsähnliche,
    • dingliche (sachenrechtliche),
    • deliktische oder
    • Bereicherungsansprüche
im jeweiligen Verhältnis bestehen. Wird dies sorgfältig gemacht, wird die Palette möglicher Ansprüche und der dazugehörigen Anspruchsgrundlagen schnell identifiziert. Die Aufgabe bestand nicht darin, alle Anspruchsgrundlagen zu finden. Es waren zumindest diejenigen Ansprüche zu identifizieren, die bisher im WIPR I und WIPR II behandelt wurden.

2. Einzelne Ansprüche

a. Ansprüche F gegen S

      • vertragliche oder ähnliche nicht möglich, weil keine geschäftliche Verbindung F - S,
      • auf Herausgabe des Buches gem. § 985 BGB (sachenrechtlich) - wäre genauer zu prüfen,
      • auf Herausgabe der Bereicherung gem. § 812 I 1 1. Alt. BGB (bereicherungsrechtlich).


b. Ansprüche F gegen G

      • auf Rückgabe des Buches gem. § 604 Abs. 1 BGB (vertraglich) - wegen § 275 BGB offensichtlich verloren, also max. 1 Satz (-),
      • auf Herausgabe des Erlangten gem. § 667 BGB i. V. m. § 684 S. 2 BGB, möglicherweise über § 687 Abs. 2 BGB - genauer zu prüfen,
      • auf Herausgabe des Buches gem. § 985 BGB (sachenrechtlich) - G ist kein Besitzer (-),
      • auf Herausgabe des Veräußerungserlöses gem. § 816 BGB - genauer zu prüfen.


c. Ansprüche S gegen G

      • auf Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 263 StGB - wäre denkbar, genauer zu prüfen
      • auf Herausgabe der Bereicherung gem. § 812 I 1 1. Alt. BGB - wäre denkbar, genauer zu prüfen

D. Gutachten

1. Anspruch F gegen S gem. § 985 BGB
Der Anspruch kommt in Betracht, weil S im Besitz des Buches ist. Zu prüfen ist, ob F Eigentümerin ist. Problematisch ist hier, inwiefern das Eigentum durch G auf S übertragen wurde. Da jedoch klar war, dass G kein Berechtigter war und keine Vertretungsmacht hatte, war die Einigung zur Eigentumsübertragung mangels Vertretungsmacht unwirksam, § 177 Abs. 1 BGB. Ein Gutglaubenserwerb von G kommt nicht in Betracht - S wusste, dass F Eigentümerin war. Dies alles ist aber noch kein Prüfungsstoff.
Ergebnis zu § 895 BGB: (+)

2. Anspruch F gegen S gem. § 812 I 1 1. Alt. BGB
F könnte gegen S einen Anspruch auf Herausgabe des Buches gem. § 812 I 1 1. Alt. BGB haben. Dafür müsste F den Anspruch erworben, dürfte ihn nicht verloren haben und der Anspruch müsste durchsetzbar sein. Der Anspruch ist dem Grunde nach erworben, wenn S durch Leistung etwas erlangt hat, dies ohne Rechtsgrund erfolgte und der Anspruch nicht gem. § 814 oder 817 BGB ausgeschlossen ist.

a. Leistung
Zunächst stellt sich hier die Frage, ob S etwas durch eine Leistung erlangt hat. Eine Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.
S hat ein Buch erhalten, das in sein Vermögen übergegangen ist (Besitz). Er hat das Buch vom G erhalten in der Überzeugung, das Buch wurde im Auftrag von F gegeben. Vorher hat S mit G einen Kaufvertrag ausgehandelt, kraft dessen S das Buch für 15 EUR erwerben sollte. Damit hat G für F deshalb gehandelt, weil die Verbindlichkeit aus dem Vertrag zwischen F und S erfüllt werden sollte. Darin liegt der Zweck der Handlung - Tilgung der vertraglichen Pflicht. Dies tat G auch bewusst.
Somit liegt hier eine Leistung zugunsten des S vor - dass hier nicht F sondern G gehandelt hat, ist irrelevant. Rechtsgeschäftlich sollte hier F gebunden und von der Verbindlichkeit befreit werden. Deshalb ist anerkannt, dass eine Direktkondiktion bei Handlungen eines Vertreters möglich ist.

b. Etwas erlangt
S hat den Besitz am Buch erlangt und damit ein etwas i. S. d. § 812 Abs. 1 BGB.

c. Ohne Rechtsgrund
Die Leistung zugunsten des S müsste ohne rechtlichen Grund erfolgt sein. Dies ist dann der Fall, wenn für die Übergabe des Buches weder eine vertragliche noch eine gesetzliche Verpflichtung bestand. Als Grund der Leistung könnte hier der Vertrag zwischen F und S dienen, den G für S geschlossen hat. Der Vertrag ist als Rechtsgrund anzunehmen, wenn er zwischen F und S geschlossen wurde, inhaltlich eine Verpflichtung zur Übergabe des Buches enthält und wirksam ist.

Mit der Aussage, er solle das Buch für F verkaufen, bot G dem S das Buch zum Kauf an. Damit lag seitens G eine Willenserklärung vor, die auf Angebot gerichtet war. Es stellt sich die Frage, ob diese Willenserklärung der F zugerechnet werden kann. Die von G auf den Weg gebrachte Willenserklärung könnte der F nach den Regeln der Stellvertretung, §§ 164 ff. BGB, zugerechnet werden.
Eine Willenserklärung gilt für und gegen den Vertretenen, wenn Vertretung im Einzelfall zulässig und anwendbar ist (eigene Willenserklärung), der Erklärende im Namen des Vertretenen Handelt und dies dem Adressaten der Erklärung offen legt.

Vertretung war im vorliegenden Fall zulässig und anwendbar (G gab eine eigene Willenserklärung ab). G hat gegenüber S auch erklärt, dass er im Namen der F handelt. Damit kann die Willenserklärung der F zugerechnet werden.

Das durch G für F vorgenommene Rechtsgeschäft könnte allerdings dadurch unwirksam sein, dass G keine Vollmacht hatte. F hat den G nicht damit beauftragt, das Buch zu verkaufen, sondern es ihm lediglich geliehen. Damit liegt keine Vollmachtserteilung gem. § 167 Abs. 1 BGB vor. Da auch keine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht in Betracht kommt, handelte G ohne Vertretungsmacht. Sofern




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