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Fall: Problematische Sacheinlage


Sachverhalt

Anton (A) und Bert (B) gründen ein Taxiunternehmen, das in Form einer GmbH (AB-Taxi GmbH, kurz AB) geführt werden soll. A hat Geld, B zwei geeignete Fahrzeuge. Als Stammkapital wird der Betrag von 80.000 EUR vereinbart, wobei der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass A 50.000 EUR als Geldeinlage übernimmt und davon sofort 15.000 EUR auf das Konto der AB-Taxi einzahlt. B soll laut Vertrag seine Einlagen für die 30.000 EUR Anteil in der Form einbringen, dass er
  • Fahrzeug 1 als Sacheinlage im Wert von 12.000 EUR,
  • Fahrzeug 2 als Sacheinlage im Wert von 10.000 EUR und
  • eine Geldeinlage in Höhe von 8.000 EUR leistet, wobei diese nur zu 2.000 EUR bei Anmeldung der Gesellschaft einzuzahlen ist.
Die Gesellschaft wird ordnungsgemäß eingetragen. Bareinlagen werden vertragsgemäß geleistet, beide von B eingebrachten Fahrzeuge werden auf die GmbH übereignet und dem ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführer Casper (C) übergeben. Die Fahrzeuge sollen im Taxibetrieb genutzt werden, wobei Fahrzeug 1 sich gleich am ersten Tag als mangelhaft erweist. Das Fahrzeug weist bei Übergabe an die AB einen nur notdürftig reparierten, erheblichen Motorschaden auf. B hat das Fahrzeug kurz zuvor reparieren lassen und in der Werkstatt wurde er darauf hingewiesen, dass eine kostengünstige Reparatur das Motorproblem nicht wirklich beseitigen kann. B ist aber davon ausgegangen, dass der Wagen noch „eine Zeit lang hält“. Der Austausch des Motors kostet nun 5.000 EUR, was auch dem Minderwert des Fahrzeugs bei Registeranmeldung entspricht.

Da C einen hohen Umsatzausfall befürchtet, mietet er für die Zeit der Reparatur des Fahrzeugs 1 einen anderen geeigneten und vergleichbaren Wagen, wofür insgesamt 4.000 EUR aufgebracht werden müssen.

C meldet die Vorgänge an die beiden Gesellschafter. Darauf ergeht ein Mehrheitsbeschluss mit Stimmen des A, dass die Gesellschaft nun von B:
  • Zahlung der vollen Geldeinlage (verbleibende 6.000 EUR der 8.000 EUR),
  • Zahlung des Minderwertes des Fahrzeugs 1 in Höhe von 5.000 EUR,
  • Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4.000 EUR
fordern soll.

C macht die Ansprüche gegen B geltend.

Fragen

Kann die AB Zahlungen wie oben angegeben von B verlangen?


Fallabwandlung 1

B weigert sich, insbesondere die volle Geldeinlage (die restlichen 6.000 EUR), zu zahlen. Er beruft sich dabei auf den Grundsatz der Gleichbehandlung von Gesellschaftern. Vor diesem Hintergrund bittet A den C, die Geldeinlagen von allen Gesellschaftern einzufordern.
B weigert sich aber auch danach, die Geldeinlage vollständig zu leisten, mit Hinweis darauf, dass diesbezüglich kein Beschluss der Gesellschafterversammlung vorliegt.

Kann die AB von B Zahlung der vollen Geldeinlage (verbleibende 6.000 EUR) in diesem Fall verlangen?

Fallabwandlung 2

B spricht mit C und vereinbart mit ihm, anstelle der Zahlung von 5.000 EUR für den verminderten Wert des Fahrzeugs 1, für die AB ein weiteres Fahrzeug 3 im Wert von 7.000 EUR anzunehmen. Dass B dadurch insgesamt mehr aufwendet, halten beide für eine angemessene Entschädigung für den Ärger der Gesellschaft und sind damit einverstanden.

Kann AB von B dennoch Zahlung von 5.000 EUR verlangen?

Fallabwandlung 3

A und B zahlen ihre Geldeinlagen bei der Gründung der Gesellschaft vollständig ein (bei B sind es 8.000 EUR), aber B verkauft einen Monat nach der Registereintragung der AB ein weiteres Fahrzeug (Fahrzeug 3) für 8.000 EUR. Kurz darauf wird die AB insolvent und der Insolvenzverwalter verlangt von B Zahlung von 4.000 EUR, weil er der Auffassung ist, dass B seine Einlagen noch nicht vollständig geleistet hat. Nach Auffassung des Insolvenzverwalters ist das Fahrzeug 3 nur 4.000 EUR wert.

Hat die AB einen Anspruch gegen B auf Zahlung der 4.000 EUR?


Lösungshinweise


A. Anspruch der AB auf Zahlung der restlichen Geldeinlage gegen B, § 14 GmbHG i. V. m. der Übernahmeerklärung in Höhe von 6.000 EUR
Anspruchsgrundlage folgt aus der Erklärung des Gesellschafters über die Übernahme des Anteils, was in § 14 GmbHG näher geregelt ist.

Der Anspruch im Umfang der noch nicht gezahlten Geldeinlage (6.000 EUR) ist wie jeder Anspruch zu prüfen. Er ist gegeben, wenn er erworben, nicht verloren und durchsetzbar ist. In diesen Prüfungspunkten sind jeweils einige Spezialprobleme des GmbH-Rechts zu prüfen, die nachstehend vorgestellt werden:

1. Anspruchserwerb
Der Anspruchserwerb - der insbesondere mit der Gründung der Gesellschaft sowie mit der Übernahmeerklärung des Gesellschafters eng zusammenhängt - wirft in diesem Fall eher keine Probleme auf. Es wurde vereinbart, dass B an der Gesellschaft Anteile im Umfang von 30.000 EUR übernehmen soll und dafür Sach- und Geldeinlagen wie im Sachverhalt beschrieben zu leisten hat. Wenn davon ausgegangen werden darf, dass er diesbezüglich auch entsprechende Erklärungen vor dem Notar abgegeben hat (was in der Regel passiert), ist ein Anspruch der Gesellschaft begründet worden

2. Anspruchsverlust
Die Gesellschaft verliert den Anspruch allerdings dann, wenn die Einlagen ordnungsgemäß geleistet wurden. Dann tritt die Erfüllungswirkung gem. § 362 Abs. 1 BGB ein. Die Erfüllungswirkung der Einlageleistung kann aber insbesondere dann problematisch sein, wenn die geleisteten Einlagen nicht korrekt sind. Dies kann (insbesondere gem. § 19 GmbHG) dazu führen, dass die Ansprüche der Gesellschaft nach wie vor - zumindest teilweise - fortbestehen.
Es ist allerdings festzustellen, dass die Geldeinlage im Umfang von 2.000 EUR geleistet wurde, im Umfang von 6.000 EUR aber nicht. In diesem Umfang ist der Anspruch in jedem Fall nicht untergegangen.

3. Durchsetzbarkeit
Der Anspruch der Gesellschaft kann gegen den Gesellschafter nicht durchgesetzt werden, wenn er z. B. verjährt ist oder wenn dem Gesellschafter ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Letzteres kann sich unter anderem aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz der Gesellschafter ergeben, der im Hinblick auf die Leistung der Einlagen in § 19 Abs. 1 GmbHG dann verletzt ist, wenn die Geldeinlagen nicht nach dem Verhältnis der Geldeinlagen gemäß Festlegung im Gesellschaftsvertrag gefordert werden.
Damit ist in diesem Fall der Anspruch gegen B nur in dem Umfang durchsetzbar, in welchem A bereits seine Einlagen geleistet hat: d.h. im Umfang von bis zu 30 % der Geldeinlage. Da B bereits 25 % geleistet hat, müsste er noch 400,- EUR ohne Widerstand zahlen - im Übrigen darf er sein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.

B. Anspruch der AB gegen B auf Zahlung von 5.000 EUR
Anspruchsgrundlage ist in diesem Fall § 9 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Voraussetzungen des Erwerbs des Anspruchs sind:
  • Vereinbarung einer Sacheinlage im Gesellschaftsvertrag,
  • Leistung der Sacheinlage durch den Gesellschafter,
  • Wertdifferenz,
  • zum Zeitpunkt der Registeranmeldung.

Diese Voraussetzungen sind nach der Sachverhaltsdarstellung gegeben. Da B die in § 9 Abs. 1 S. 1 GmbHG angeordnete Geldeinlage noch nicht geleistet hat, muss er diese nun leisten. Diese Einlage ist lediglich als eine Nacherfüllung seiner Sacheinlagenpflicht zu betrachten, so dass sich B nicht auf die bei Anspruch aus § 14 GmbHG genannten Rechte berufen kann.


C. Anspruch der AB gegen B auf Schadensersatz gem. § 9a Abs. 2 GmbHG
Ein Anspruch auf Schadensersatz lässt sich aus § 9 Abs. 1 GmbHG nicht herleiten. Anspruchsgrundlage ist deshalb allein § 9a Abs. 2 GmbHG.

Voraussetzungen für den Erwerb eines Anspruchs aus § 9a Abs. 2 GmbHG sind:
  • Schädigung der Gesellschaft,
  • durch Einlage oder Gründungsaufwand,
  • dabei ist der Tatbestand von § 9a Abs. 1 GmbHG abzugrenzen - Schaden darf also nicht durch falsche Angaben entstehen, und
  • es muss ein Verschulden i. S. d. Vorschrift vorliegen (bei einem der Gesellschafter ist Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit festzustellen).

Sofern im vorliegenden Fall zumindest grobe Fahrlässigkeit eines der Gesellschafter (nahe liegt B) festgestellt werden kann (sofern B wusste, dass die Reparatur notdürftig war und jederzeit wieder Ausfall des Fahrzeugs erfolgen konnte), dann sind alle Gesellschafter zum Schadensersatz verpflichtet, aber A kann sich gem. § 9a Abs. 3 von der Haftung befreien.


Lösungshinweise zu Fallabwandlung 1


D. Anspruch AB gegen B auf Leistung der Geldeinlage / Zahlung von 6.000 EUR gem. § 14 GmbHG
i. V. m. der Übernahmeerklärung
Die Abwandlung unterscheidet sich nicht vom Grundfall, wobei hier eine Berufung auf die Gleichbehandlung nicht möglich ist, weil alle Gesellschafter die volle Geldeinlage leisten sollen.

Es ist aber die Frage, inwiefern die Zahlungspflicht fällig ist. Und dies ist erst - sofern keine anderweitige Regelung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist - mit dem Beschluss der Gesellschafterversammlung der Fall, § 46 Nr. 2 GmbHG. Solange der Beschluss nicht erfolgt ist, ist der Anspruch nicht fällig.


Lösungshinweise zu Fallabwandlung 2


E. Anspruch AB gegen B aus § 9 Abs. 1 S. 1 GmbHG
In der Fallabwandlung 2 stellt sich die Frage, inwiefern die zwischen C und B verabredete Vorgehensweise den Anspruch der Gesellschaft gegen B aus § 9 Abs. 1 S. 1 GmbHG zum erlöschen bringt. Dies ist - wie in jedem anderen Fall der Leistung der Einlage - nur durch ordnungsgemäße Erfüllung möglich.

Die Pflicht aus § 9 Abs. 1 S. 1 GmbHG hat eine Geldeinlage zum Gegenstand. Es gelten insofern die Regeln über Leistung von Einlagen. Es ist diejenige Einlage zu leisten, die im Vertrag oder im Gesetz vorgesehen ist. Ein Austausch einer Sacheinlage gegen eine Geldeinlage und umgekehrt ist - ohne Änderung des Gesellschaftsvertrages oder ohne gesetzliche Anordnung - unzulässig.
Das Gesetz ordnet im Falle einer minderwertigen Sacheinlage eine Umwandlung der Sacheinlage in (zum Teil) Geldeinlage an. Es ist insofern eine Geldeinlage zu leisten. Die Vorgehensweise von C und B führt nicht zur Erfüllung der Einlagepflicht.

Eine eventuelle Umdeutung der Vorgehensweise in eine unentgeltliche Zuwendung des B zugunsten der Gesellschaft und gleichzeitigen Verzicht der Gesellschaft auf die Zahlung ist wegen § 19 Abs. 2 S. 1 GmbHG ebenfalls unzulässig.

Die Abrede zwischen C und B mit der Übertragung des Fahrzeugs 3 auf die AB befreit B nicht von der Einlagepflicht. B ist nach wie vor verpflichtet, der AB 5.000 EUR gem. § 9 Abs. 1 S. 1 zu zahlen.


Lösungshinweise zu Fallabwandlung 3


Hier stellt sich die Frage, inwiefern eine verdeckte Sacheinlage die Erfüllung der Einlagepflicht verhindert. Selbstverständlich ist dabei auch die Frage zu prüfen, ob eine verdeckte Sacheinlage i. S. d. § 19 GmbHG vorliegt. Der zu prüfende Anspruch der Gesellschaft ist auch hier (wie im Grundfall) der Anspruch auf Zahlung der Einlage gegen B gem. § 14 GmbHG i. V. m. der Übernahmeerklärung des B. Bei dem Anspruch sind insbesondere im Zusammenhang mit dem Anspruchsverlust Probleme zu prüfen - dort ist die Frage der Erfüllung der Einlagepflicht von Bedeutung.
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