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Version [10671]

Dies ist eine alte Version von FallVerseuchtesFutter erstellt von AnnegretMordhorst am 2011-05-26 17:41:01.

 

Fall: Verseuchtes Futtermittel


A. Sachverhalt
Landlieb (L) züchtet auf seiner Farm Hühner in Freilandhaltung. Die Hühner werden teilweise mit Getreide gefüttert. L bezieht das für die Hühnermast aufbereitete (mit Vitaminen etc.) Getreide bereits seit Jahren über den Händler Deal (D) vom Futtermittelhersteller Schussel (S). Bei der letzten Lieferung kam es bei S aus ungeklärten Gründen zu einer gravierenden Verwechslung von Getreidesorten. Der Weizen, der für eine Saat aufbereitet wurde und mit Pflanzenschutzmitteln behandelt war, gelangte in beachtlichen Mengen in das Hühnerfutter. Der so behandelte Weizen ist für Hühner giftig.

Infolge des Fehlers gehen mehrere hundert Hühner bei L ein. Der Schaden beläuft sich auf insgesamt 5.000,- EUR. Die Ursache der Verwechslung kann nicht geklärt werden. Es ist insbesondere nicht feststellbar, inwiefern den S bei der Verwechslung ein Verschulden trifft. Dennoch verlangt L von S Ersatz des Schadens.

B. Frage
Hat L gegen S Anspruch auf Schadensersatz?

C. Lösungshinweise

Anspruch L gegen S nach § 1 Abs.1 S.1 ProdhaftG
Dieser Anspruch könnte dem Grunde nach erworben sein. Dafür ist erfoderlich, dass

  • deutsches Produkthaftungsgesetz ist anwendbar
  • Tatbestand nach dem Produkthaftungsgesetz ist erfüllt
  • kein Ausschluss der Haftung nach § 1 Abs.2,3 ProdhaftG


1. Anwendbarkeit des ProdhaftG

das Produkthaftungsgesetz ist nur für Schadensfälle durch ein fehlerhaftes Produkt anwendbar, das nach dem 01.01.1990 in den Verkehr gebracht wurde.


2. Tatbestand nach dem ProdhaftG liegt vor

Im konkreten Fall könnten die Voraussetzungen für die Haftung für einen Schaden durch ein Produkt erfüllt sein. Die ist dann der Fall, wenn ein fehlerhaftes Produkt zu einer Rechtsgutsverletzung geführt hat und zwischen dem Fehler und der Rechtsgutsverletzung ein kausaler Zusammenhang besteht. Weiterhin müsste S Hersteller nach § 4 ProdhaftG sein und L müsste Geschädigter sein.

a. fehlerhaftes Produkt

Im konkreten Fall könnte ein fehlerhaftes Produkt vorliegt . Hierfür ist erforderlich, dass es sich bei dem Getreide um ein Produkt i.S.v. § 2 ProdhaftG handelt und dieses einen Fehler nach § 3 ProdhaftG aufweist.
Das Getreide könnte ein Produkt gem. § § 2 ProdhaftG sein. Nach dieser Vorschrift werden als Produkte nur bewegliche Sache erfasst. Für den Sachbegriff ist auf § 90 BGB zu verweisen. Allerdings wird unter dem Begriff vom Produkt auch Elektrizität erfasst. Nach dem Sachverhalt handelt es sich um Getreide. Folglich handelt es sich bei diesen Getreide um ein Produkt ( bewegliche Sache ).
Weiterhin müsste dieses Getreide nach § 3 ProdhaftG fehlerhaft sein. Dies ist dann der Fall, wenn das Getreide nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, wegen der Darbietung,dem normalen Gebrauch, wegen dem Zeitpunkt oder wegen eines anderen Grundes berechtigterweise erwartet werden kann. Im konkreten Fall könnte das Getreide bei normalen Gebrauch nicht ungefährlich sein.
Bei S kam es zu einer gravierenden Verwechselung der Getreidesorten, der Weizen, der für eine Saat aufbereitet wurde und mit Pflanzenschutzmitteln behandelt war, gelangte in beträchtliche Mengen in das Hühnerfutter. Der so aufbereitete Weizen ist für Hühner giftig.
Ein fehlerhaftes Produkt liegt demzufolge vor.

b. Rechtsgutsverletzung nach § 1 Abs.1 ProdhaftG


Im konkreten Fall könnte beim L eine Sache durch das fehlerhafte Produkt beschädigt geworden sein. Hierzu ist erfoderlich, dass eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wurde und diese Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Gebrauch oder Verbrauch bestimmt ist und L die Sache hierzu hauptsächlich verwendet § 1 Abs. 1 S. 2 ProdhaftG.
Nach dem Sachverhalt gehen aufgrund der gravierenden Verwechselung von Getreidesorten ,dem L mehrere hundert Hühner ein.
Seitens L liegt folglich eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des ProdhaftG vor.

c. Kausalität

Zwischen den fehlerhaften Produkt und der Rechtsgutsverletrzung betsteht ein kausaler Zusammenhang.

d. Anspruchsgegner = Hersteller i.S.v. § 4 ProdhaftG

Im konkreten Fall könnte S der tatsächtliche Hersteller gem. § 4 Abs. 1 s.1 ProdhaftG sein. Dies ist dann der Fall, wenn S ein Endprodukt, Teilprodukt oder einen Grundstoff porduziert hat. Nach dem Sachverhalt bezieht L sein Getreide für die Hühner vom Futtermittelhersteller S. Somit ist S tatsächlicher Hersteller gem. § 4 Abs.1 S.1 ProdhaftG


e. Anspruchsberechtigter = Geschädigter

L ist zum Anspruch berechtigt, weil dieser nach dem Produkthaftungsgesetz als Geschädigter zu erfassen ist.


Der Tatbestand ist nach dem ProdhaftG für den konkreten Fall erfüllt.



3. Haftung nicht ausgeschlossen

S ist wie oben festgestellt Hersteller von dem Hühnerfutter und ein Entlastungstatbestand nach § 1 Abs. 2 ProdhaftG oder nach § 1 Abs. 3 ProdhaftG kommt für den vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Somit ist die Haftung von S nicht ausgeschlossen.



D. Ergebnis:

L hat den Anspruch gegen S dem Grund nach gem. § 1 Abs.1 ProdhaftG erworben.


Anmerkung :
Aufgrund von § 15 Abs. 2 ProdhaftG, welcher die Haftung aufgrund von anderen Vorschriften unberührt lässt, kommt neben diesen Anspruch aus der Gefährdungshaftung auch für den konkreten Fall ein Anspruch aus der Verschuldenshaftung gem. § 823 Abs. 1 BGB in Betracht.








Anspruch L gegen S nach § 823 Abs. 1 BGB

Dieser Anspruch könnte dem Grund nach erworben sein. Dafür ist erforderlich, dass :

  • Tatbestand nach § 823 Abs.1 BGB erfüllt ist
  • Handlung von S rechtswidrig war
  • S handelte schuldhaft



1. Tatbestand

der Tatbestand nach § 823 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn eine Handlung seitens S vorliegt, diese zu einer Rechtsgutsverletzung bei L geführt hat und der Zusammenhang zwischen der Handlung und der Rechtsgutsverletzung kausal war.

a. Handlung seitens S

Handlung, ist jedes menschliche Verhalten ( postives Tun oder Unterlassen ), welches dem Willen unterliegt. Im Falle von S könnte eine Handlung in Form von unterlassen in Betracht kommen. Hierfür ist allerdings erfoderlich, dass S eine Pflicht zum Handeln hat und diese unterlassen hat. Im Falle von S ist davon auszugehen das er als Hersteller zur Vermeidung von Konstruktions- oder Fabrikations- oder Instruktionsfehler oder Produktbeobachtung zum handeln verpflichtet ist und diese Pflicht zum handeln nicht unterlassen hat. Nach dem Sachverhalt kommt es beim Futtermittelhersteller S zu einer gravierenden Verwechselung. Durch diese Verwechselung gelangen beträchtliche Mengen von dem Weizen, welcher für eine Saat aufbereitet wurde und mit Pflanzenschutzmittel behandelt war in das Hühnerfutter, so dass dieses für Hühner giftig ist. Es wurde auch keine weitere Untersuchung durch S vorgenommen, wobei dies eigentlich zu deren verkehrssicherenden Pflichten gehört.
Seitens S ist folglich eine Handlung durch Unterlassen gegeben.

b. verletzung eines Rechtsguts i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB beim L

Im Falle von L könnte eine Eigentumsverletzung in Betracht kommen. Dies ist dann der Fall, wenn L sein Eigentum verloren hat, das Eigentum beschädigt oder zersört wurde, dem L der Besitz entzogen bzw. der Gebrauch von seines Eigentum behindert wurde. Nach dem Sachverhalt gehen aufgrund von dem giftigen Futtermittel dem L hunderte Hühner ein. Eine Eigentumsverletzung liegt vor.

c. haftungsbegründete Kausalität

Die Handlung seitens S war auch kausal für die Rechtsgutsverletzung beim L.



Tatbestand ist nach § 823 Abs. 1 BGB gegeben.


2. Rechtswidrigkeit ( widerrechtlich)

Handlung seitens S war nicht gerechtfertigt und erfolgte deshalb widerrechtlich.


3. Verschulden

Ein Verschulden seitens S liegt dann vor, wenn diesem ein Verschulden vorgeworfen werden kann und dieser hat dies nach § 276 BGB zu vertreten.
Für den konkreten Fall könnte ein Verschulden seitens S durch den Sonderfall, der Beweislastumkehr in Betracht kommen. Hierfür ist erfoderlich, dass ein Fall nach der Produkthaftung beim Delikt gem. § 823 Abs. 1 BGB vorliegt und S nicht den entlatenden Nachweis wegen der Fehlerfreiheit von dem Produkt erbracht hat.
Nach dem Sachverhalt kann die Ursache für die Verwechselung nicht geklärt werden. Insbesondere ist nicht feststellbar, ob und inwiefern, den S ein Verschulden trifft.

S handelt folglich schuldhaft.

E. Ergebnis

L hat den anspruch gegen S dem Grunde nach gem. § 823 Abs. 1 BGB erworben.




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