Wissensdatenbank Wirtschaftsrecht

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Fallbeispiel 1: Gewerbegenehmigung Backwarenverkauf

Verwaltungsakt


A. Sachverhalt


Xaver (X) betreibt eine Bäckerei, in der er auch Getränke und Backwaren zum sofortigen Verzehr anbietet. Dazu hat er drei Tische in seinen Geschäftsraum gestellt. Daraufhin erhält X ein Schreiben der zuständigen Behörde. Darin wird ihm mitgeteilt, dass er nach § 2 Abs. 1 GastG eine Genehmigung benötigt. § 2 Abs. 2 GastG gelte für ihn nicht, da er auch alkoholische Getränke ausschenke.


B. Frage


Stellt das Schreiben der Behörde einen Verwaltungsakt dar?


C. Lösung


Formulierungsvorschlag


Fraglich ist, ob das Schreiben der Behörde einen Verwaltungsakt darstellt.


Hinweis:
Ein solcher Satz ist wichtig um zu zeigen, dass du die Fallfrage beachtest!



Gemäß § 35 S. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.


Hinweis:
Beachte: Dies ist der Wortlaut des § 35 S.1 VwVfG! Also nicht auswendig lernen, sondern ins Gesetz schauen! Durch diesen Satz werden alle Merkmale des VA genannt und im Folgenden kannst du die einzelnen Merkmale nacheinander prüfen.


- Hoheitliche Maßnahme einer Behörde


Das Schreiben stellt ein einseitiges, zweckgerichtetes Handeln mit Erklärungscharakter dar. Eine hoheitliche Maßnahme liegt somit vor. Zudem handelte auch die zuständige Behörde.


Hinweis:
Unproblematische Punkte sind im Feststellungsstil schnell abzuhandeln!



- Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts


Die Maßnahme müsste auch auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen worden sein. Nach der Sonderrechtstheorie muss die Vorschrift, aufgrund welcher gehandelt wird, dem öffentlichen Recht angehören. Vorliegend wird X mitgeteilt, dass er nach § 2 Abs. 1 GastG eine Genehmigung benötige. Das Gaststättengesetz gehört dem öffentlichen Recht an. Die Maßnahme wurde mithin auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen.


Hinweis:
Es geht auch kürzer. Die Zuordnung des konkreten Gesetzes zum öffentlichen Recht ist aber erforderlich!



- Zur Regelung


Das Schreiben der Behörde müsste zudem eine Regelung im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG GewO enthalten. Dafür ist erforderlich, dass die Setzung einer Rechtsfolge bezweckt ist. Dies ist der Fall, wenn das Schreiben der Behörde verbindlich Rechte und Pflichten für X begründet, ändert oder aufhebt. Die Rechtsfolge könnte hier bestehen, dass die Behörde hier verbindlich festlegt, dass die Bäckerei des X nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 GastG erfüllt und daher einer Gaststättenerlaubnis bedarf.
Anders wäre es, wenn lediglich auf die bestehende Rechtslage hingewiesen wird. Bloße Mitteilungen oder Hinweise einer Behörde sind nicht auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet und beinhalten keine Regelung im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG. Ob ein bloßer Hinweis auf die Rechtslage oder eine verbindliche Festsetzung vorliegt, richtet sich nach der objektiv erkennbaren Absicht der Behörde.

Im vorliegenden Fall ist das Schreiben nicht als Bescheid bezeichnet und es enthält auch keine Rechtsbehelfsbelehrung, sodass der äußeren Form nach die Behörde das Schreiben nicht als Verwaltungsakt erlassen hat. Aus der Formulierung geht jedoch hervor, dass die Behörde die Voraussetzungen des § 2 Abs.2 GastG geprüft und verneint hat. Sie zieht daraus die Konsequenz, dass X nach § 2 Abs. 1 GastG eine Erlaubnis benötigt und verpflichtet ist, diese zu beantragen. Hierin wird der Wille der Behörde erkennbar, dem X gegenüber die Notwendigkeit einer Gaststättenerlaubnis festzustellen. Das Schreiben bezweckte die Setzung einer Rechtsfolge. Eine Regelung liegt somit vor.


Hinweis:
Es ist auch vertretbar zu sagen, dass nur auf die Rechtslage hingewiesen wird. Dann liegt keine Regelung vor und somit auch kein Verwaltungsakt. Wie ihr euch entscheidet ist bei guter Argumentation zweitrangig, aber das Problem muss erkannt werden. Ob die Behörde einen solchen Bescheid erlassen durfte und ob er rechtmäßig ist, ist für das Vorliegen des Verwaltungsaktes unerheblich.
Ist wie hier ein Punkt problematisch, so sind für eine gute Schwerpunktsetzung längere Ausführungen erforderlich



- Eines Einzelfalls


Die Maßnahme betrifft nur X und erlegt ihm die konkrete Pflicht auf, einen Antrag zu stellen. Aufgrund dieser individuell-konkreten Regelung liegt ein Einzelfall vor.



- Mit Außenwirkung


Die Maßnahme geht über den verwaltungsinternen Bereich hinaus und betrifft X. Sie ist auf unmittelbare Außenwirkung gerichtet.



Ergebnis


Alle Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG liegen vor. Das Schreiben der Behörde stellt mithin einen Verwaltungsakt dar.


Hinweis:
Denke immer daran, am Ende tatsächlich die Frage zu beantworten!
Es ist vor allem wichtig, den Sachverhalt und die Fallfrage genau zu lesen. Hätte etwa im Sachverhalt gestanden, dass die Behörde den X durch Verwaltungsakt zu einem Verhalten verpflichtet hätte, dann dürfte in keinem Fall geprüft werden, ob ein Verwaltungsakt vorliegt. In einem solchen Fall geht es dann eher darum, ob der Verwaltungsakt selbst rechtmäßig ist.



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