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Elektronischer Geschäftsverkehr

8.4 - Widerruf und Rückgabe


Zweck des Widerrufrechts
Die Regelungen zum Widerrufsrecht in den §§ 355 ff. BGB stellen das Kernstück des Verbraucherschutzes im BGB dar, auf das von den verschiedensten Verbraucherrechtsvorschriften verwiesen wird (z.B. im Bereich der Haustürgeschäfte, § 312 Abs. 1 BGB, Fernabsatzverträge, § 312d Abs. 1 BGB, oder Verbraucherdarlehensverträge, § 495 Abs. 1 BGB).

Es eröffenet dem Verbraucher die Möglichkeit, sich unter gewissen Voraussetzungen über die Grenzen des § 130 Abs.1 S. 2 BGB von seiner Wilenserklärung zu lösen (Ausnahme von dem Grundsatz pacta sunt servanda). In gesetzlich ausdrücklich bestimmten Fällen tritt das Rückgaberecht nach § 356 BGB ersatzweise an die Stelle des Widerrufrechts gem. § 355 BGB. Angesprochen sind hierbei die §§ 312 Abs. 1 S. 2, 312 d Abs. 1 S. 2 bzw. 503 Abs. 1 BGB.

Widerruf und Rückgabe:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/InfoRWiderruf/InfoRWiderruf3.jpg)
Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufrechts
Die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufsrechts finden sich in § 357 BGB, wonach die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nach §§ 346 ff. BGB anzuwenden sind. Das ursprüngliche Schuldverhältnis wandelt sich insofern in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Seiner Rechtsnatur nach handelt es sich bei dem Widerrufrecht daher um ein modifiziertes Rücktrittsrecht, mithin um ein Gestaltungsrecht. Seine wirksame Ausübung setzt die Abgabe einer Widerrufserklärung gem. § 349 i.V.m. § 357 Abs. 1 S. 1 BGB unter Wahrung der jeweiligen Widerrufsfrist nach § 355 BGB voraus.


Formerfordernisse beim Widerruf
Als einseitiges Gestaltungsrecht des Verbrauchers ist die Widerrufserklärung eine zugangsbedürftige (und grundsätzlich bedingungsfeindliche) Willenserklärung. Charakteristisch für diese ist, dass sie keiner Begründung bedarf. Sie muss allein den Willen des Verbrauchers erkennbar werden lassen, sich von der vertraglichen Bindung zu lösen; ggf. durch laiengünstige Auslegung. Grundsätzlich ist nach § 355 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. BGB zwar ein Schriftformerfordernis vorgesehen (Anforderungen des § 126b BGB), ausreichend ist aber eine konkludente Erklärung durch die Rücksendung der betreffenden Sache, § 355 Abs. 1 S. 2 BGB.

Die zu beachtende Widerrufsfrist beträgt nach § 355 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. einheitlich zwei Wochen. Entscheidende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der ordnungsmäßigen Belehrung über das Widerrufsrecht zu, durch die der Lauf der Widerrufsfrist erst in Gang gesetzt wird. Das bedeutet zugleich, dass die Frist im Fall von schriftlichen Verträgen nicht einsetzt, bevor dem Verbraucher eine Vertragsurkunde oder deren Abschrift zur Verfügung gestellt worden ist, § 355 Abs. 2 S. 3 BGB. Die Beweistlast trägt gem § 355 Abs. 2 S. 4 BGB der Unternehmer. Die Belehrung hat nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in Textform (§ 126b BGB) zu erfolgen und den genannten inhaltlichen Anforderungen zu entsprechen. Eine Nachholung nach bereits erfolgtem Vertragsschluss ist unter der Maßgabe möglich, dass in diesem Fall eine einmonatige Frist anläuft, § 355 Abs. 2 S. 2 BGB.

Widerrufsfrist:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/InfoRWiderruf/InfoRWiderruf2.jpg)
Erlöschen des Widerrufrechts
Hinsichtlich des Erlöschens des Widerrufsrechts ordnet § 355 Abs. 3 eine einheitliche Frist von sechs Monaten an, die bei Verträgen über die Lieferung von Waren jedoch erst mit deren Eingang beim Empfänger beginnt. Danach steht dem Verbraucher unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit grundsätzlich kein Widerrufsrecht mehr zu.

Im Fall nicht ordnungsgemäßer Belehrung besteht dagegen überhaupt keine Befristung, § 355 Abs. 3 S. 3 BGB. Während § 355 Abs. 1 S. 2 BGB zur Fristwahrung die Absendnung der Widerrufs genügen lässt und dem Unternehmer insofern das Verzögerungsrisiko aufbürdet, verbleibt das Verlustrisiko der Erklärung auf dem Zustellungsweg beim Verbraucher. Allerdings steht dem Verbraucher das Recht unverzüglicher fristwahrender Wiederholung der Widerrufserklärung zu, wenn er von deren Nichtzugang Kenntnis erlangt.

Beginn und Erlöschen des Widerrufs:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/InfoRWiderruf/InfoRWiderruf.jpg)

Rückgabe
Die Geltendmachung eines Rückgaberechts setzt zunächst gem. § 356 Abs. 1 S. 2 BGB voraus, dass der jeweilige Vertragsschluss aufgrund eines Verkaufsprospekts (d.h. etwa (Internet-)Katalog oder Postwurfsendung) erfolgt ist.

Weiterhin muss die im Verkaufsprospekt enthaltene, deutlich gestaltete Belehrung dem Verbraucher in Abwesenheit des Unternehmers eingehend zur Kenntnisnahme bereit gestanden haben (S. 2 Nr. 2).

Schließlich ist dem Verbraucher das Rückgaberecht in Textform (§ 126b) einzuräumen (S. 2 Nr. 3). Die Ausübung des Rechts kann gem. § 356 Abs. 2 BGB ausschließlich innerhalb der Widerrufsfrist (§ 355 Abs. 1 S. 2 BGB und nur durch Rücksendung bzw. mangels Rücksendefähigkeit als Paket (also ab 20 kg Gewicht) – durch Rücknahmeverlangen erfolgen. Dies bedeutet für den Unternehmer insofern eine Privilegierung gegenüber dem Widerrufsrecht, als dem Verbraucher hier die Möglichkeit der Einrede Zug-um-Zug gemäß § 348 i.V.m. § 357 Abs. 1 S. 1 BGB abgeschnitten ist.

Rückgabe:
 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/InfoRWiderruf/InfoRRueckgabe.jpg)

Verbundene Verträge
Verbundene Verträge (§§ 358, 359 BGB) bezeichnen die wirtschaftliche Einheit zwischen einem Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung und einem Verbraucherdarlehensvertrag, der gerade der Finanzierung des ersten Vertrags dient, § 358 Abs. 3 BGB.
Eine solche wird gem. § 358 Abs. 3 S. 2 BGB als Regelbeispiel unwiderlegbar vermutet, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert oder im Fall der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient.
Der Darlehenszweck muss zwingend darin bestehen, dass das erforderliche Entgelt für den anderen Vertrag erbracht wird, wobei unerheblich ist, ob das Darlehen an den Verbraucher oder unmittelbar an den Unternehmer ausgezahlt wird. Anhaltspunkte für die notwendige wirtschaftliche Einheit sind u.a. die Unterzeichnung beider Verträge als einheitlicher Vorgang durch den Verbraucher oder ständige Geschäftsbeziehungen zwischen Verkäufer und Kreditinstitut.

Verbundene Verträge sind grundsätzlich im Fall der Ausübung eines Widerrufrechts durch den Verbraucher in ihrem rechtlichen Schicksal aneinander gekoppelt. Widerruft der Verbraucher den Warenlieferungsvertrag i.S.d. § 358 BGB wirksam, so entfällt gem. § 358 Abs. 1 BGB auch die Bindung an seine Willenserklärung im Rahmen des finanzierenden Verbraucherdarlehensvertrags.
Die Rückabwicklung findet nach § 358 Abs. 4 i.V.m. § 357 BGB statt. Umgekehrt bestimmt § 358 Abs. 2 BGB, dass der Verbraucher im Falle eines wirksamen Widerrufs der Willenserklärung hinsichtlich des Verbraucherdarlehensvertrags auch an seine Erklärung im Hinblick auf den finanzierten Vertrag nicht mehr gebunden ist. § 358 Abs. 2 S. 2 BGB ordnet darüber hinaus an, dass im Konkurrenzfall zwischen Widerrufsrecht aus dem darlehensrechtlichen Vertrag und dem Widerrufsrecht aus dem finanzierten Vertrag, das Widerrufsrecht des finanzierten Vertrags vorgeht. Geht der Verbraucher gleichwohl aus dem Widerrufsrecht des Verbraucherdarlehensvertrags vor, gilt dies dennoch als Widerruf des finanzierten Vertrags.

§ 359 BGB erstreckt den Gleichlauf beider Verträge auch auf Einwendungen, indem er dem Verbraucher die Berufung auf Einwendungen aus dem finanzierten Vertrag auch im Hinblick auf den finanzierten Vertrag ermöglicht. Es entsteht ein sog. Einwendungsdurchgriff.
Erfasst sind sämtliche rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Einwendungen und Einreden. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Käufer vor der Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts geschützt werden soll. Er soll so gestellt werden, als stünde ihm allein ein Vertragspartner gegenüber. Dann könnte der Käufer jedoch auch bei Einwendungen und Einreden aus dem Kaufvertrag weitere Zahlungen verweigern. Dies muss hier deshalb auch hinsichtlich der Darlehenstilgung gelten.
Ausnahmen ergeben sich lediglich bei einem Entgelt des finanzierten Vertrags von weniger als 200 € sowie im Fall von Einwendungen aus nachträglich zwischen Verbraucher und Unternehmer vereinbarten Vertragsänderugen, § 359 S. 2 BGB. Schließlich kann der Verbraucher nach § 359 S. 3 BGB auch so lange nicht die Darlehensrückzahlung verweigern, wie eine mögliche Nacherfüllung nicht fehlgeschlagen ist.

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