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Insolvenzanfechtung


I. Voraussetzungen
Die Insolvenzordnung sieht ein Anfechtungsrecht vor. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

1. Rechtshandlung nach § 129 InsO

Regeln zur Anfechtung nach dem Insolvenzrecht finden sich in §§ 129 ff. Nach § 129 InsO gilt der Grundsatz:

Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

Es müssen folglich zwei Voraussetzungen vorliegen:

  • Rechtshandlung nach § 129 InsO vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  • Ursächlichkeit der Rechtshandlung für die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger

Als Rechtshandlung anzusehen ist hierbei jedes Handeln, welches eine rechtliche Wirkung auslöst, sowie Handlungen, die gegen den künftigen Insolvenzschuldner gerichtet sind. Ob eine Benachteiligung der Gläubiger vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen und liegt vor, wenn sich die Befriedigung der Gläubiger im Fall des Unterbleibens der angefochtenen Handlung günstiger gestaltet hätte. Die Anfechtung nach §§ 132 Abs. 1, 133 Abs. 2 InsO erfordert eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung.


2. Anfechtungsgrund nach §§ 130 ff. InsO

Anfechtungsgründe finden sich in den §§ 130 ff. InsO.

 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/InsolvenzRechtAnfechtung/AnfechtungInso.jpg)

Anfechtung nach § 130 InsO

In § 130 InsO finden sich zwei verschiedene Anfechtungsgründe bzw. Tabestände mit unterschiedlichen Voraussetzungen:
  • § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO
  • § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO

a) § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO

Für eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Kongruente Deckung
  • Zeitraum der Rechtshandlung: drei Monate vor Eröffnung des Verfahrens
  • Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
  • Kenntnis des Gläubigers von Zahlungsunfähigkeit

§ 130 Abs. 1 S. 1 InsO fordert eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat (kongruente Deckung). Spezifisch für den ersten der beiden Anfechtungsgründe in Abs. 1 S. 1 ist jedoch: Diese Rechtshandlung muss in den letzten drei Monaten vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sein. Weiterhin erforderlich ist die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Rechtshandlung und somit vor Eröffnung des Verfahrens (§130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1).

b) § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO

Für eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • kongruente Deckung
  • Zeitraum der Rechtshandlung: nach Eröffnungsantrag
  • Zahlungsunfähigkeit des Schudlners
  • Kenntnis des Gläubigers von Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnungsantrag

Auch Nr. 2 des § 130 Abs. 1 S. 1 InsO fordert eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat (kongruente Deckung). Diese Rechtshandlung muss jedoch nach dem Eröffnungsantrag stattgefunden haben, damit eine Anfechtung nach Nr. 2 in Betracht kommt. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zu § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO, welcher eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Verfahrens fordert. Weiterhin gegeben sein muss die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie dies Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit bzw. vom Insolvenzantrag. Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO dann vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.

c) § 130 Abs. 2 InsO

§ 130 Abs. 2 InsO stellt keine eigene Anspruchsgrundlage dar, sondern konkretisiert den Begriff der Kenntnis und dient somit der Interpretation der §§ 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 InsO. Er besagt, dass der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags die Kenntnis von Umständen gleichsteht, welche zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

d) § 130 Abs. 3 InsO

Auch § 130 Abs. 3 InsO beinhaltet keine Anspruchsgrundlage. Er vermutet die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags bei Personen, die dem Schuldner zur Zeit der Rechtshandlung nahestanden.
Der Begriff der nahestehenden Person wird in § 138 InsO näher konkretisiert. Demnach zählen hierzu:


  • der Ehegatte des Schuldners, auch wenn die Ehe erst nach der Rechtshandlung geschlossen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist (§ 138 Abs. 1 Nr. 1 InsO)
  • der Lebenspartner des Schuldners, auch wenn die Lebenspartnerschaft erst nach der Rechtshandlung eigegangen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist (§ 138 Abs. 1 Nr. 1a)
  • Verwandte und halbbürtige Geschwister des Schuldners oder des Ehegatten oder Lebenspartners, sowie deren Ehegatten und Lebenspartner (§ 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO)
  • Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner leben oder im letzten Jahr vor der Handlung gelebt haben sowie Personen, die sich aufgrund einer dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner über dessen wirtschaftliche Verhältnisse unterrichten können (§ 138 Abs. 1 Nr. 3 InsO)
  • eine juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit wenn der Schuldner oder de in Nr. 1 bis 3 genannten Personen Mitglied des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans, persönlich haftender Gesellschafter oder zu mehr als einem Viertel an deren Kapital beteiligt ist oder aufgrund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung die Möglichkeit hat, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu unterrichten (§ 138 Abs. 1 Nr. 4 InsO)

Wenn der Schuldner eine juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist, sind nahestehende Personen:
  • die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und persönlich haftende Gesellschafter des Schuldners sowie Personen, die zu mehr als einem Viertel am Kapital des Schuldners beteiligt sind (§ 135 Abs. 2 Nr. 1 InsO)
  • eine Person oder Gesellschaft die aufgrund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeit haben, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu unterrichten (§ 135 Abs. 2 Nr. 2 InsO)
  • eine Person, die zu einer in Nr. 1 oder 2 genannten Person in einer nach Absatz 1 genannten persönlichen Verbindung steht; dies gilt nicht soweit diese Person zur Verschwiegenheit verpflichtet ist (§ 135 Abs. 2 Nr. 3 InsO)


Anfechtung nach § 131 InsO

In § 131 InsO finden sich drei verschiedene Anfechtungsgründe bzw. Tatbestände mit unterschiedlichen Voraussetzungen:

  • § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO
  • § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO
  • § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO

a) § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO

Für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • inkongruente Deckung
  • Zeitraum der Rechtshandlung: im letzten Monat vor Eröffnungsantrag oder nach Eröffnungsantrag

Voraussetzung für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist zunächst das Vorliegen einer inkongruenten Deckung. Dies ist der Fall, wenn eine Rechtshandlung vorliegt, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglich hat, die er nicht oder nicht in der Art bzw. nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Nach Nr. 1 des § 131 Abs. 1 InsO muss diese Rechtshandlung im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag oder nach dem Eröffnungsantrag erfolgt sein.

b) § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO

Für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • inkongruente Deckung
  • Zeitraum der Rechtshandlung: innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor Eröffnungsantrag
  • Zahlungsunfähigkeit des Schuldners

Auch Nr. 2 des § 131 Abs. 1 verlangt den Tatbestand einer inkongruenten Deckung (siehe Ausführungen zu Nr. 1). Der Zeitraum der Rechtshandlung erstreckt sich jedoch hier auf den zweiten bzw. dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag. Zusätzlich erforderlich ist die Zahlungsunfähigkeit des Schudners, das heißt die fehlende Möglichkeit fällige Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 S. 1 InsO).

c) § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO

Für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • inkongruente Deckung
  • Zeitraum der Rechtshandlung: innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor Eröffnungsantrag
  • Kenntnis des Gläubigers von der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger

Die Voraussetzungen einer Anfechtung nach Nr. 3 des § 131 Abs. 1 sind bezüglich der Rechtshandlung sowie des Vornahmezeitraums identisch. Gefordert wird jedoch nicht die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, sondern die Kenntnis des Gläubigers von der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger durch die Rechtshandlung und zum ZEitpunkt der Rechtshandlung des Schuldners.

d) § 131 Abs. 2 S. 1, 2 InsO

Nr. 1 bis 3 des § 131 Abs. 1 InsO werden inhaltlich ergänzt durch Abs. 2, welcher jedoch keinen selbständigen Tatbestand beinhaltet. Danach steht der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen (§ 131 Abs. 2 S. 1 InsO). Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§138), wird vermutet, dass sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte (§131 Abs. 2 S. 2 InsO).


Anfechtung nach § 132 InsO

§ 132 InsO enthält zwei verschiedene Anfechtungsgründe bzw. Tatbestände mit unterschiedlichen Voraussetzungen:

  • § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO
  • § 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO

a) § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO

Für eine Anfechtung nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • unmittelbare Benachteiligung durch ein Rechtsgeschäft
  • Zeitraum der Rechtshandlung: drei Monate vor Eröffnungsantrag
  • Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
  • Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit

b) § 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO

Für eine Anfechtung nach § 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • unmittelbare Benachteiligung durch ein Rechtsgeschäft
  • Zeitraum der Rechtshandlung: nach Eröffnungsantrag
  • Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
  • Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit oder von Eröffnungsantrag bei Vornahme der Rechtshandlung

c) § 132 Abs. 2 InsO

§ 132 Abs. 2 InsO bietet eine Variante zur Voraussetzung der "unmittelbaren Benachteiligung" in § 132 bs. 1 an. Einem Rechtsgeschäft, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, steht hiernach eine andere Rechtshandlung des Schuldners gleich, durch die der Schuldner ein Recht verliert oder nicht mehr geltend machen kann oder durch die ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen ihn erhalten oder durchsetzbar wird.

d) § 132 Abs. 3 InsO

Nach § 132 Abs. 3 InsO gelten die Absätze 2 und 3 des § 130 InsO entsprechend. Die Kenntnis von Umständen, welche zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen, reichen somit aus. Gegenüber Personen, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestanden, wird vermutet, dass sie die Zahlungsunfähigkeit kannten (§ 130 Abs. 2, 3 InsO).


Anfechtung nach § 133 InsO

Für eine Anfechtung nach § 133 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • vorsätzliche benachteiligende Rechtshandlung durch Schuldner gegenüber Gläubiger
  • Zeitraum: 10 Jahre vor Antrag auf Eröffnung Insolvenzverfahren oder nach Antrag
  • Kenntnis des anderen Teils vom Vorsatz

Eine vorsätzliche benachteiligende Rechtshandlung liegt vor, wenn die Benachteiligung der Gläubiger vom Schuldner als Erfolg seines Handelns gewollt war [BGH ZIP 1993, 521, 522]. Es genügt jedoch auch, wenn der Schuldner es für möglich hält, dass seine Rechtshandlung sich zum Nachteil der Gläubiger auswirkt und er diese Folge in Kauf genommen hat [BGH WM 2005, 319; 2004, 299, 300; 1587, 1588; 2003, 1960]. Der Vorsatz muss zum Zeitpunkt der Rechtshandlung vorgelegen haben. Nach § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
Der BGH hat entschieden, dass ein Vorsatz insbesondere dann vorliegt, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Rechtshandlung zahlungsunfähig war [BGH ZIP 2008, 1291, 1293; 2007, 1511, 1513; 2006, 1261, 1263; 290].
Der Insolvenzverwalter trägt die Beweislast für das Vorliegen des Vorsatzes [BGH ZIP 2003, 1799, 1800].
Die Weggabe eines wertvollen Vermögensgegenstands kann ein Indiz für das Vorliegen eines Benachteiligungsvorsatzes sein [BGH WM 2002, 141, 143].
Nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO wird die Kenntnis des Gegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners widerleglich vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die Vermutung kann widerlegt werden, wenn konkrete Umstände dargelegt und bewiesen werden, welche die Unkenntnis einer Gläubigerbenachteiligung naheliegend erscheinen lassen [BGH ZIP 2007, 1511, 1512]. Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß § 18 Abs. 2 InsO vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.

§ 133 Abs. 2 regelt die Anfechtbarkeit einer Benachteiligung bei nahestehenden Personen. Anfechtbar ist danach ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden (§ 133 Abs. 2 S. 1 InsO). Ausgeschlossen ist die Anfechtung, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Benachteiligungsvorsatz nicht bekannt war (§ 133 Abs. 2 S. 2 InsO). Kann der Anfechtungsgegner den Beweis führen, dass der Vertrag mehr als zwei JAhre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen wurde, so kann eine Anfechtung auch auf § 133 Abs. 1 InsO gestützt werden, da § 133 Abs. 2 InsO nur eine Beweiserleichterung enthält und keinen selbständigen Anfechtungstatbestand.


Anfechtung nach § 134 InsO

Für eine Anfechtung nach § 134 InsO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • unentgeltliche Leistung des Schuldners
  • Zeitraum der Rechtshandlung: vier Jahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
  • kein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk mit geringem Wert

Als Leistungen im Sinne des § 134 InsO gelten alle Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, ausgenommen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung.
Um die Frage der Unentgeltlichkeit zu klären, ist auf die objektive Wertrelation zwischen der Leistung des Schuldners und der Gegenleistung des Empfängers abzustellen. Erst wenn feststeht, dass der Schuldner bei objektiver Betrachtungsweise überhaupt einen Gegenwert für seine Leistung erhalten hat, kann geprüft werden, ob die Beteiligten die gewährte oder versprochene Gegenleistung tatsächlich als Entgelt angesehen haben [BGH ZIP 2008, 1291, 1292; 2006, 2391; 2005, 767]. Bei sog. Notverkäufen, bei denen der Schuldner Gegenstände unter Wert verkauft, um Liquidität zu erlangen, liegt beispielsweise keine unentgeltliche Leistung vor, da die Parteien die Gegenleistung als angemessen ansehen [Münchener Kommentar/Insolvenzordnung Bd. 1, 2. Aufl. 2008/Kirchhof § 134 Rdnr. 25]. Hat der spätere Insolvenzschuldner mit dem Dritten eine angemessene Gegenleistung für die von ihm erbrachte Zuwendung vereinbart, kann diese schon nicht deshalb als unentgeltlich angefochten werden, weil die Gegenleistung ausgeblieben ist [BGH MW 1999, 394, 395].

Die Schuldübernahme, die Erfüllungsübernahme sowie die Tilgung fremder Schulden sind entgeltliche Leistungen, wenn der spätere Insolvenzschuldner weder die Forderung des Gläubigers, einen Anspruch auf Abtretung noch sonst ein Entgelt erwirbt und wenn er zur Vornahme dieser Handlungen weder dem Schuldner, dem Gläubiger oder einem sonstigen Dritten gegenüber verpflichtet ist [BGH ZIP 2001, 1248]. Dieses gilt auch, wenn er auf einen vollwertigen Ausgleichsanspruch verzichtet, den er durch die Tilgung fremder Schuld gegen den Schuldner dieser Verbindlichkeit erwirbt [BGH ZIP 1980, 21].
Unentgeltliche Leistung i.S.d. § 134 InsO kann auch die freiwillige Sicherung fremder Schuld sein, etwa durch Übernahme einer Bürgschaftsverpflichtung, Bestellung einer Grundschuld oder eines Pfandrechts, Sicherungsübereignung oder Sicherungskonzession. Hat dagegen der Sicherungsnehmer einem Dritten für die Leistung eine ausgleichende Gegenleistung, z.B. Darlehen mit Einverständnis des späteren Insolvenzschuldners zum Zeitpunkt der Begründung der gesicherten Forderung gewährt, scheidet eine Anfechtung nach § 134 InsO aus [BGH ZIP 2010, 841; 36, 37].

Wendet der Schuldner dem Empfänger etwas durch Leistungen an einen Dritten zu, ist für die Frage der Unentgeltlichkeit allein darauf abzustellen, ob der Empfänger eine den Vermögenserwerb ausgleichende Leistung schuldet [BGH ZIP 2009, 228, 229].
Hat der Schuldner ein Grundstück schenkweise übertragen und sich darüber hinaus verpflichtet, den Erwerber von den auf dem Grundstück ruhenden Lasten zu befreien, wird die Schenkung insoweit erst mit der Befriedigung der dinglichen Gläubiger vollzogen [BGH WM 1999, 820]
Die Besicherung einer fremden Forderung ist nicht deswegen entgeltlich, weil der Sicherungsgeber mit der Gewährung ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt [BGH ZIP 2006, 1362; 2004, 1819].
Eine Leistung, die der spätere Insolvenzschuldner zur Tilgung einer nicht werthaltigen Forderung des Leistungsempfängers gegen einen Dritten erbringt, ist auch dann als unentgeltlich anfechtbar, wenn der Leistungsempfänger von der Wertlosigkeit seiner Forderung keine Kenntnis hat [BGH ZIP 2009, 2303, 2304; 1122, 1123; 2008, 1385, 1386; 125, 126].
Auch im "Schneeballsystem" erzielte Scheingewinne sind unentgeltliche Leistungen [BGH ZIP 2010, 1455, 1457].
Erlangt der Schuldner aufgrund eines "letter of intent" der Gegenseite Werkleistungen, überlässt er den Auftrag jedoch einem Dritten, der den vollen Werklohn erhält, können die vom Schuldner erbrachten Werkleistungen im Verhältnis zum Dritten als unentgeltliche Leistung anfechtbar sein [BGH ZIP 2007, 1118, 1120].
Auch Umstrukturierungsmaßnahmen, sog. Asset-Übertragungen können unentgeltliche LEistungen darstellen [BGH ZIP 1993, 208].
Die Beweislast für die Unentgeltlichkeit trägt der Insolvenzverwalter. Der Anfechtungsgegner trägt die Beweislast dafür, dass die Leistung nicht innerhalb des Anfechtungszeitraums von vier Jahren liegt, § 134 Abs. 1 InsO.


Anfechtung nach § 135 InsO

§ 135 InsO enthält zwei verschiedene Anspruchsgrundlagen mit unterschiedlichen Voraussetzungen:
  • § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO
  • § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO

Für eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
  • Rechtshandlung
  • Gesellschafterforderung auf Rückgewähr eine Darlehens gerichteet oder gleichgestellte Forderung
  • Sicherungsgewährung durch Rechtshandlung
  • Zeitraum Vornahme der Rechtshandlung: 10 Jahre vor Eröffnungsantrag oder nach Antrag

Für eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
  • Rechtshandlung
  • Gesellschafterforderung auf Rückgewähr eine Darlehens gerichteet oder gleichgestellte Forderung
  • Befriedigungsgewährung durch Rechtshandllung
  • Zeitraum Vornahme der Rechtshandlung: 1 Jahr vor Eröffnungsantrag oder nach Antrag

Eine Sonderregelung bei Beteiligung eines Dritten enthält § 135 Abs. 2 InsO. Danach ist eine Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens innerhalb der in § 135 Abs. 1 Nr. 2 genannten Fristen Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete; dies gilt sinngemäß für Leistungen auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen.

Wurde dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen, so kann der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens von erhablicher Bedeutung ist (§ 135 Abs. 3 S. 1 InsO). Die Einschränkung der Geltendmachung des Aussonderungsrechts ist für die Sanierungsbemühungen des Insolvenzverwalters unerlässlich, da andernfalls die Gefahr bestünde, dass dem Unternehmen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die für eine Betiebsfortführung notwendigen Gegenstände nicht mehr zur Verfügung stehen. § 135 Abs. 3 S. 1 InsO stellt eine auf das Insolvenzverfahren bezogene Sonderregelung dar, da hinsichtlich des der Überlassung des Gegenstands zugrunde liegenden Vertrags nunmehr die §§ 103, 108 InsO anwendbar sind.
Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstands gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich; bei der Berechnung ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen; bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend (§ 135 Abs. S. 2 InsO). Der Ausgleichsanspruch ist nach Verfahrenseröffnung Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Weiterhin gilt § 39 Abs. 4 und 5 entsprechend (§ 135 Abs. 4 InsO).

II. Rechtsfolgen der Anfechtung
§ 143 InsO regelt die Rechtsfolgen der Anfechtung. Danach muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde.
Ist eine Rückgabe in Natur nicht möglich, erfolgt ein Wertersatz in Geld. Gemäß § 143 Abs. 1 S. 2 InsO gelten die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist.
Für die Wertberechnung maßgeblich ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Anfechtungsprozesses. Ein Anspruch des Insolvenzverwalters auf Auskunftserteilung ist nicht explizit in der InsO geregelt, ergibt sich jedoch aus § 242 BGB.

Die Ansprüche des Anfechtungsgegners richten sich nach § 144 InsO. Die Forderung lebt wieder auf, wenn der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurückgewährt (§ 144 Abs. 1 InsO). Die Gegenleistung ist aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist (§ 144 Abs. 2 S. 1 InsO). Darüber hinaus kann der Empfänger der anfechtbaren Leistung die Forderung auf Rückgewähr nur als Insolvenzgläubiger geltend machen (§ 144 Abs. 2 S. 2 InsO).









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