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Klausur Wirtschaftsprivatrecht I - Teil Herr Prof. Lisiewicz

Wintersemester 2013/2014


A. Sachverhalt zu 2. Fall

A betreibt ein Modellbaufachgeschäft. Zu seinen Stammkunden gehört der 15-jährige B, der sein gesamtes Taschengeld und nicht nur dieses in den Bau von Modellflugzeugen steckt. Die Eltern des B sind damit bisher auch immer einverstanden gewesen.
Eines Tages bittet B den A, einen bereits ausverkauften Kunststoffbausatz des zweimotorigen Flugzeugs D.H. Mosquito (offizieller Preis 24,99 EUR) für bis zu 50,- EUR zu besorgen. B hat zum letzten Geburtstag 100 EUR von den Eltern für „Neuanschaffungen“ bekommen. A sucht und findet einen Anbieter, der bereit ist, einen Bausatz für 40,- EUR abzugeben. A verfasst deshalb auf dem Rechner in seinem Laden eine E-Mail an B, in der er informiert, dass der gesuchte Bausatz voraussichtlich in einer Woche für 50,- EUR abgeholt werden kann. Die Nachricht wird im Postausgang gespeichert, von A aber bewusst noch nicht versendet, weil A noch eine Bestätigung der Versendung der Ware von seinem Lieferanten abwarten möchte.

Am Tag darauf wird A krank, der Laden wird von seinem Mitarbeiter M wie üblich geführt. Während A einen Anruf vom Lieferanten erhält, dass der Bausatz des D.H. Mosquito nicht geliefert werden kann, bemerkt M im Postausgang des Rechners im Laden die E-Mail an B. M geht davon aus, dass die E-Mail versendet werden soll und sendet sie sofort ab. B freut sich über die mögliche Lieferung und hat vor, in einigen Tagen im Laden des A vorbeizuschauen.

Nachdem A gesund wird, findet er einen neuen Anbieter des von B gesuchten Bausatzes für 75,- EUR. Einen Tag darauf kommt B zu A und verkündet, dass er den Bausatz für 50,- EUR nimmt. Erst jetzt kann A das Missverständnis aufklären und sagt, dass der neue Preis 90,- EUR ist. B ist enttäuscht, will dennoch am Geschäft festhalten. Er verspricht dem A, das restliche Geld am Folgetag zu bringen, weil er zu Hause noch Geld habe. A gibt das Modell dem B gleich mit.

Die Eltern des B erfahren von dem Vorgang und finden, dass B nun mit dem Hobby etwas übertreibt. Sie sind nicht einverstanden, dass er für ein Modell im Wert von 25,- EUR nahezu das Vierfache zahlt. Im Übrigen sind sie darüber empört, dass hier die Naivität des B ausgenutzt wird, wenn der ursprünglich zugesagte Preis von 50,- EUR nicht gelten soll.

Sie sind der Auffassung, dass das Geschäft – wenn überhaupt – mit einem Preis von 50,- EUR vollzogen werden soll.

B. Fragen

1. Kann A von B Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 90,- EUR verlangen?
2. Hat A andere Ansprüche gegen B?



C. Lösungshinweise

Lösung zur 1. Frage:


A könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 90 EUR gem. § 433 Abs. 2 BGB haben.

A. Anspruchserwerb

I. Vertragsschluss

1. Angebot des B („bittet, den ausverkauften DH Mosquito für bis zu 50 EUR zu besorgen“) ?

- Preis noch nicht ganz fest; Angebot aber argumentativ möglich (+/-)

2. Annahme durch A (wenn oben kein Angebot: Angebot des A)

a) WE (+) - kannst für 50 EUR haben
b) Inhalt Annahme bzw. Angebot (+)
c) Abgabe (-) - nicht „so auf den Weg gebracht, dass Kenntnisnahme möglich“, nur versehentlich versendet; auch kein Dritter (M weder zum
Boten bestellt; auch keine Absicht, eine eigene WE als Vertreter abzugeben, Fall der sog. abhandengekommenen Willenserklärung)

Zwischenergebnis: keine Annahme durch A (auch kein Angebot, das angenommen werden könnte)

3. Komplett neues Angebot des A: „neuer Preis 90 EUR“. WE, Inhalt Angebot, Abgabe/Zugang mündlich – alle VSS (+)

4. Annahme durch B („will dennoch am Geschäft festhalten“) (+)

5. Bindung an Antrag (Annahmefähigkeit des Angebotes) und Übereinstimmung, insb. über Preis 90 EUR (+)

II. Vertragsinhalt

Entgegen den ursprünglichen Erklärungen Einigung nun über 90 EUR – also Modell gegen 90 EUR, Anspruch auf 90 EUR möglich.

III. Wirksamkeit

Könnte mangels Geschäftsfähigkeit fehlen

1. B beschränkt geschäftsfähig, § 106 BGB? (+) B ist 15 Jahre alt

2. Geschäft nicht ausnahmsweise gem. §§ 107 ff. wirksam?

a. wirksam gem. § 107 1. Alt. BGB (-) kein lediglich, rechtlich vorteilhaftes Geschäft, B verpflichztet sich gem. § 433 abs. 2 BGB zur Zahlung der 90 €
b. wirksam gem. § 107 2. Alt. BGB (-) keine ausdrückliche Einwilligung der Eltern erfolgt eventuell konkludent, „für Neuanschaffungen“ - eher § 110 BGB anwendbar

c. wirksam gem. § 110 BGB

Dennoch könnte der zwischen B und A geschlossene Vertrag trotz der beschränkten Geschäftsfähigtkeit des B gem. § 110 BGB wirksam sein. Hiervon ist dann auszugehen, wenn B die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt hätte, die ihm zur freien Verfügung durch die gesetzlichen Vertreter oder mit ihrer Zustimmung durch einen Dritten überlassen wurden.
Dem B wurden Mittel zur freien Verfügung überlassen. Dies erfolgte durch die Eltern. Problematisch könnte sein, ob die Leistung, bmit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln vollständig bewirkt hat. Dies ist dann der Fall, wenn B die 90 € vollständig an A gezahlt hat. B hat den Kaufpreuis erst nur in Höhe von 50 € an A gezahlt, der Rest steht noch aus. Somit hat B seine Leistung nicht i.S.d. § 110 BGB vollständig bewirkt. Der Vertrag zwischen A und B ist nicht gem. § 110 BGB wirksam.

Zwischenergebnis: da auch kein § 108 (Genehmigung), Kauf unwirksam

Ergebnis zur ersten Frage: Anspruch nicht erworben mangels Wirksamkeit des Kaufvertrages = kein Anspruch

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