Wissensdatenbank Wirtschaftsrecht

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Technische Vertragsabschlusseinrichtungen


Im elektronischen Geschäftsverkehr werden schon heute IT-Systeme zum Abschluss bestimmter Verträge eingesetzt, weil ihnen im Vergleich zur menschlichen Kommunikationsfähigkeit erhebliche Vorteile im Hinblick auf Schnelligkeit und Genauigkeit zukommen. So setzen große Internetunternehmen (z.B. Amazon) sog. Autoresponder ein, die bei Bestellungen der rechtlichen Pflicht nachkommen, „den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen“ (§ 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB). Bei den tausenden Bestellungen, die pro Minute bei Amazon.de eingehen (s. https://www.internetworld.de/e-commerce/amazon/amazons-erster-prime-day-400-bestellungen-nbsp-sekunde-969961.html [externer Link] vom 17.07.2015, wonach an einem sog. „Prime Day“ 400 Bestellungen pro Sekunde eingingen, d.h. 24000 Bestellungen pro Minute), wäre durch menschlichen Kommunikation eine „unverzügliche“ (s. § 121 BGB: ohne schuldhaftes Zögern) kaum durchführbar. Allerdings kommt in diesen Situationen der Kaufvertrag nicht durch diese Bestätigung der Bestellung zustande; es handelt sich daher bei der Nachricht des Autoresponder nicht um eine Willenserklärung, sondern lediglich um eine Wissenserklärung darüber, dass die Bestellung eingegangen ist. Es wäre aber rechtlich kein Problem, den Autoresponder auch entsprechende standardisierte Vertragsannahmeerklärungen, also Willenserklärungen abgeben zu lassen.

Gesteigerte Möglichkeiten technischer Hilfe beim Abschluss von Verträgen bieten sog. elektronische Agenten. Es handelt sich dabei um fortgeschrittene elektronische Programme, die Aufgaben autonom durchführen und auf neue Erkenntnisse reagieren können. Sie werden derzeit hauptsächlich im elektronischen Geschäftsverkehr eingesetzt. Auf sie können vor allem die obigen Ausführungen zu automatisierten Willenserklärungen und Computererklärungen angewendet werden. Solche Erklärungen eines elektronischen Agenten können also dann Willenserklärung sein, wenn sich in ihr noch ausreichend der Wille des hinter der Programmierung stehenden Menschen zeigt. Durch den Einsatz des Agenten hat der Programmierer ausreichend seinen Handlungswillen zum Ausdruck gebracht, über dieses elektronische Hilfsmittel Verträge abzuschließen oder andere Willenserklärungen abzugeben.

Besonderer Anwendungsbereich der elektronischen Agenten besteht bei Online-Auktionen, wenn über Bietagenten (sog. Sniper-Software) sekundengenau das passende Angebot abgegeben wird. Diese Sniper-Software reagiert auf die rechtliche Konstruktion der Online-Auktionen, bei denen nicht gem. § 156 BGB der Vertrag durch einen Zuschlag zustande kommt, sondern durch Angebot und Annahme mit Höchstgebot bei Zeitablauf. Zwar widerspricht der Einsatz von Sniper-Software den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der meisten Online-Auktionsanbieter. Dieser Verstoß ändert aber nichts am Zustandekommen eines Vertrags unter Einsatz der Sniper-Software.

 (image: https://hssm.hqedv.de/uploads/RechtderDigitalisierungTechnVertragsabschlusseinrichtungen/RdDAbb37TechnVertragsabschleinr.JPG)
Abbildung: Technische Vertragsabschlusseinrichtungen


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Autor. Prof. Dr. Ulf Müller
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